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Interview im Magazin des Luzerner Sinfonieorchesters 1/15

Interview LSO-Magazin Heiner und Sebastian

Pult an Pult: Heiner Reich und Sebastian Diezig

Heiner Reich, Solo-Cellist, und Sebastian Diezig, stellvertretender Solo-Cellist des LSO, teilen nicht nur das Pult, sondern auch wetterbedingte Sorgen um ihre Instrumente. | DIANA LEHNERT

Heiner und Sebastian, ihr habt beide eure erste feste Stelle als Cellist im Orchester, war das schon immer das Ziel eurer Musiker-Laufbahn?

Heiner Reich (HR): Als ich mit 14 Jahren beschloss, Cello zu studieren, hatte ich kurze Zeit den Traumberuf Solist im Kopf, habe aber dann schon vor dem Studium gemerkt, dass es nichts für mich ist und bin auch heute noch froh darüber. Sobald ich angefangen hatte zu studieren, war für mich klar, dass ich ins Orchester möchte.

Sebastian Diezig (SD): Ich wollte eigentlich immer ins Orchester. Es gab eine Phase, als ich Wettbewerbe gewann, wo ich kurz über den Solistenberuf nachdachte, dazu kam, dass ich einen tollen Lehrer hatte, Thomas Demenga, der seinerseits als Solist tätig ist. Ich denke, das Ideale ist eine Kombination: Man spielt im Orchester, macht Kammermusik und spielt ab und zu als Solist. Das befruchtet sich gegenseitig.

HR: Und man bleibt fit dabei und übt regelmässig. Man hört sich selbst im Orchester auch nicht so gut, von daher ist es wichtig, zuhause immer wieder zu „putzen“ und viel Kammermusik zu machen.

SD: Man spielt die Stimme im Orchester ja oft zu acht und das klingt immer schön (lacht).

Wie kamt ihr zum Cello?

HR: Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen und mein grosser Bruder hat Cello gespielt. Ich fand das so toll und wollte ihn einfach nachahmen.

SD: Mein Onkel hat Cello gespielt und die tiefen Töne haben mir gefallen. Wahrscheinlich haben die Eltern auch ein bisschen nachgeholfen, denn meine Mutter hatte sich gewünscht, dass jemand Cello in der Familie spielt. Ich möchte aber auch nichts anderes spielen.

Wie findet man das Cello, das zu einem passt?

SD: Es gibt viele Cellisten auf der Welt, aber relativ wenig gute Instrumente. Ich habe viele Celli in meinem Leben gehabt, aber man sucht immer weiter. Und wenn man dann eine Zeitlang ein Instrument hat, kommt plötzlich der Moment, wo einen bestimmte Dinge am Instrument stören. Momentan spiele ich ein anonymes Cello.

HR: Ich hatte lange Zeit ein Instrument aus einer Stiftung, ein altes italienisches Grancino-Cello, aber es war klar, dass ich das irgendwann wieder abgeben musste. Da ich zu der Zeit nicht besonders viel Geld hatte, bin ich gezielt auf die Suche nach einem neuen Instrument gegangen und hab auch ein sehr gutes gefunden, ein Schweizer Cello, ein Maechler. Es ist natürlich für einen Streicher trotzdem toll, ein altes Instrument zu haben und ich bin auch sicher, das wird nicht mein letztes sein.

Gibt es denn das Traum-Instrument?

SD: Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner!

HD: Mein Lehrer spielt ein Vuillaume, ein altes französisches Cello, das würde ich sofort nehmen! Ein gutes muss aber auch zum Spieler passen.

Die Instrumente reagieren ja oft sehr auf Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit. Winter ist wohl nicht eure liebste Jahreszeit?

HR: Mein Cello reagiert in diesem Winter extrem. Ich bin jede Woche beim Geigenbauer, weil sich wieder irgendetwas verändert hat. Die modernen Celli sind meist anfälliger, weil das Holz noch mehr arbeitet. Im Sommer macht‘s mehr Spass, vor allem, wenn‘s dann noch regnet!

SD: Die Trockenheit ist schon ein Problem. Ich habe immer den Luftbefeuchter im Übezimmer und schaue, dass mindestens 45% Luftfeuchtigkeit im Raum sind. Ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit. Wenn ich dann ankomme, warte ich meist fünf Minuten bis ich das Cello auspacke, damit es nicht so einen Temperaturschock gibt.

Gibt es ein Ritual vor jedem Auftritt?

SD: Ich kontrolliere immer, dass die Wirbel fest sitzen. Bei mir hatte sich während eines Konzertes mal ein Wirbel gelöst und ich habe erst relativ spät bemerkt, dass ich derjenige war, der plötzlich falsch spielte!

HR: Ich versuche, dass ich mich noch eine Viertelstunde auf der Bühne einspielen kann und gehe kurz vor dem Konzert nochmal an die frische Luft, um Ruhe zu haben und „herunterzukommen“.

Eine letzte Frage: Welche Musik hört ihr privat oder würdet ihr…

HR: …auf den Mars mitnehmen? Also, ich höre Klassik nicht einfach nur so, nur mit einem Ziel. Oft möchte ich gar nichts hören, sondern einfach meine Ruhe haben.

SD: Die klassische Musik taugt nicht als Hintergrundmusik, ich kann dann der Unterhaltung nicht mehr folgen. Durch meine Frau, die aus Südamerika stammt, bin ich auf den Geschmack von Salsa und Co. gekommen. Ab und zu Musik aus den 80ern…aber auf die Insel…wenn’s ein Cello-Stück sein müsste, würde ich die Bach-Cellosuiten mitnehmen, sonst vielleicht die Matthäus-Passion…

HD: …ich würde auf jeden Fall keinen Scelsi mitnehmen (lacht/Anm.: das Orchester probte zu der Zeit ein Stück von Scelsi). Lieber das Cello und jemand anderen zum Spielen.


 

Artikeldetails:
Datum: März 2015
Medium: Magazin des Luzerner Sinfonieorchesters
Titel: Pult an Pult
Original: Ja:
Interview LSO-Magazin Heiner und Sebastian