Das Üben eines Instrumentes erfordert viel Selbstdisziplin. Spitzenleistungen sind nur nach jahrzehntelangen täglichen Übemarathons möglich. Immerhin hat man als Kind und in der Jugend einen Lehrer, der jede Woche die Fortschritte prüft, was für einige motivierend genug ist. Zusätzlich hat man hoffentlich Eltern, die auch ein bisschen schauen, dass geübt wird und idealerweise (so war es bei mir) in die Cellostunde mitkommen kommen und schauen, dass ich zu Hause das übe, was der Lehrer von mir verlangt.
Aber nach dem Studium ist man auf sich allein gestellt. Übt man nicht mehr genug, so fällt man zurück. Für mich ist genug zu üben der schwierigste Teil des Berufes. Hier ein paar meiner Tipps, die helfen können, genug zu üben.
1. Nicht im Computerzimmer üben: Das Internet ist ein Segen, kann aber auch enorm viel Zeit wegfressen. Ich übe besser in einem Zimmer, in dem kein Computer mit Internetanschluss steht. Das Laptop sollte auch raus.
2. Timer stellen: Ich übe am besten, wenn ich in 45-Minuten-Zeitabschnitten übe. Dazu stelle ich auf dem Handy einen Countdown auf 45 min und mache erst 15 min Pause (auch mit Countdown), wenn die Zeit abgelaufen ist. Wenn die 15 min Pause abgelaufen sind, stelle ich den Countdown wieder auf 45 min und übe weiter.
3. Sich selber aufnehmen als Mittel gegen Zerstreutheit: Oft gehen einem aber hundert andere Sachen durch den Kopf. In solchen Fällen ist es für mich das beste, eine spontane Aufnahme des Stückes, an dem ich grad übe zu machen. Beim anschliessenden Abhören der Aufnahme sehe ich dann an welchen Stellen ich gezielt arbeiten muss und die Qualität meiner Konzentration und damit der Übe-Session verbessert sich augenblicklich. Ein Studiomikrofon ist ideal, aber auch Laptops und iPhones haben oft brauchbare Mikrofone.
4. Auch kurze Zeitfenster ausnützen: Den ganzen Tag über keine Zeit gefunden zum Üben und jetzt bleiben nur noch 25 min übrig? Mein Tipp: Nütze diese 25 min zum Üben. Natürlich ist es besser, an einem Tag 4 Stunden zu üben. Aber wenn das nicht geht, dann sind auch kleine Zeitfenster besser als gar nichts. Versuche in solchen Fällen noch stärker als sonst nachzudenken, wie du in der gegebenen Zeit am meisten Fortschritte erzielen kannst.
5. Eine möglichst interessante Routine haben: Beim Üben sollte die Langeweile keinen Platz haben. Der Kopf muss immer beschäftigt werden. Ich fange aktuell stets mit ca. 15 min Blattlesen an, weil mir dies Spass macht. Danach kommen 15 min Tonleitern, was mir zwar weniger Spass macht, ich für so kurze Zeit aber ertragen kann. Danach 15 min einer Etüde mit einem technischen Problem, in dem ich mich verbessern will. Schliesslich komme ich zur eigentlichen Arbeit wie Orchestermaterial üben und Literatur, die ich demnächst im Konzert präsentiere. Jeder Mensch ist anders und diese Routine könnte für jemand anderes der Horror sein. Für mich aber funktioniert sie so gut, dass ich mich jeden Tag darüber freue. Der Sinn einer Routine ist nebst der Gewohnheit vor allem das regelmässige sich-mit-gewissen-Dingen-beschäftigen, welches der Motor für Fortschritte ist.