Ab und zu stellen mir Leser eine Frage von allgemeinem Interesse. Ich publiziere sie dann mit meiner Antwort anonymisiert unter der Rubrik Q & A (Question and Answer). Zögern Sie nicht: Auch Sie können mir Ihre Frage stellen.
Frage:
Ich habe einige Zeit Geige gespielt, musste aber aus orthopädischen Gründen (Unfall, Halswirbel) damit aufhören. Ich habe dann Querflöte gespielt, doch es ist einfach nicht der Ton,
den ich suche. Das Cello würde mich sehr reizen. Meinen Sie, es ist einfacher zu erlernen als die Geige? An Motivation mangelt es mir sicher nicht.
Antwort:
Ich glaube, dass Cello und Geige ungefähr gleich schwer zu erlernen sind. Da Sie aber bereits Erfahrung mit der Geige haben, haben Sie im Vergleich zu einem blutigen Anfänger einen deutlichen Vorteil, zumal Geige und Cello ja zur gleichen Instrumentenfamilie (Streichinstrumente) gehören und sie somit an ihr geigerisches Vorwissen anknüpfen können. Was beim Cello “einfacher” ist, ist meiner Meinung nach die Haltung, welche um einiges ergonomischer ist als bei der Geige. Das Cello braucht jedoch etwas mehr Kraft beim Spielen und ist beim Transportieren umständlicher. Das sollte Sie aber nicht davon abhalten, daran gewöhnt man sich bald. Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Erfolg und Spass mit dem Cello!
Ich habe aktuell ein Cello ausgeliehen und übe mit Büchern (und Videos) ohne Lehrer. DAs stand auf meiner Buckeltest, ich wollte einfach mal üben, ohne den “Stress”, für die nächste Stunde etwas zu können.
Erfahrungen sind 10 Jahre Geigenunterricht in der Musikschule und 7 Jahre (mit Lücken) Geigenspiel zu Hause.
Das Cello fand ich trotz Vorbereitung sehr anstrengend zu spielen. Alles war erst mal sehr anstrengend: Die Töne richtig zu greifen (Abstand der Finger und Kraft, die Saite aufs Griffbrett zu “drücken”), besonders überrascht war ich aber von der Anstrengung beim Streichen. Ich KANN zur Zeit (mache das seit anderthalb Wochen erst) gar nicht schnell spielen, das geht einfach vom Bogen/ der Bogenhand her nicht, da rebelliert die Saite. Anfangs konnte ich nur eine halbe Stunde am Stück spielen, jetzt auch mal eine Stunde, dann aber mit Teilen, in denen ich nur zupfe.
Von daher würde ich sagen, rein physisch, bezogen auf Greif- und Bogenhand, ist das Cello anspruchsvoller als die Geige.
Bei mir kommt noch hinzu: Ich habe, als Erwachsene, ein Dreiviertel Cello geliehen und trotzdem rutscht mein erster Finger oft etwas runter, wenn ich mit dem dritten oder vierten Finger greife. Während an der Geige der vierte Finger lange die Achillesferse war (Ton, den ich immer leicht verfehlte), ist es beim Cello oft der erste Finger, so dass ich jetzt mal eine Übung eingebaut habe, in der ich (trotz angeklebtem Griffbrett) nur die leere Saite und den ersten Finger spiele, in der Hoffnung, die Treffsicherheit zu erhöhen.
An der Geige konnte ich zwar auch anfangs nicht länger als 5 min streichen, weil ich dann einen Krampf in der Bogenhand bekam, aber ich hätte gedacht, dass es nun mit Vorerfahrung doch schneller auf dem Cello geht.
Bei der Geige hatte ich anfangs richtige Krämpfe in der Bogenhand, das hörte dann nach ein paar Wochen (!) auf. Danach aber öfter Schulterverspannungen nach längerem Spielen. Dafür habe ich in der linken Hand (bin Linkshänderin) aber nie etwas gemerkt. Beim Cello habe ich nach einer halben Stunden in beiden Armen das Gefühl, etwas getan zu haben.
Also, ich würde mir als Anfänger mal ein halbes Jahr geben, bis ich entspannt eine Stunde spielen kann.
Vorher (das hat mir bei der Geige keiner gesagt!) und auch hinterher ein paar Lockerungsübungen für Arme und Hände machen (ggf. auch Schultern. Bei der Geige würde ich die Schultern vorher entspannen).
Bei Ambitionen würde ich unbedingt das Buch “Cello üben” von Gerhardt Mantel für sowohl Geige als auch Cello empfehlen, weil dort aufgeschlüsselt wird, wie man effektiv und intensiv übt, wie man jede Bewegung, besonders das Vibrato, detailliert lernt. Ich würde heute, wenn ich mit einem ganz neuen Instrument anfangen würde, mir vorher Übevideos ansehen und schauen, ob ich ein entsprechendes Buch finde, damit ich vorher schon weiß, worauf ich achten sollte, was lange dauern wird, was besondere Aufmerksamkeit erfordert.
Man muss aber schlussendlich sagen: Es ist ein sehr individuelles Thema! Für den einen ist Geige schwer, für den anderen Cello, der Dritte kann gar nichts mit Streichinstrumenten anfangen. Ich hatte zwischenzeitlich ein halbes Jahr Querflöten- und Klarinettenunterricht. Auf der Querflöte kam ich ganz gut zurecht, die Klarinette war unheimlich anstrengend und ich konnte auch nach einem halben Jahr nie länger als maximal 5 min am Stück spielen, bevor ich völlig erschöpft war (davor wusste ich nicht, dass auch die Lippen überanstrengt werden könnten!).
Daher würde ich immer mit Probeunterricht und/ oder Leihinstrument anfangen und erst testen, ob mir das Spielen Spaß macht oder ob mich dieses spezielle Instrument überfordert. Nicht zu vergessen, einige Menschen haben Einschränkungen wie etwa verheilte Brüche, die es ihnen unmöglich machen, bestimmte für das Spiel einzelner Instrumente erforderliche Bewegungen auszuüben. Auch das kann man bei einer Probestunde sehr gut herausfinden. Meine Mutter hatte bspw. als Kind einen Armbruch und hätte es nicht geschafft, Geige zu lernen, weil sie Handgelenkt nicht genug drehen konnte.