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Wie transportiert man das Cello auf dem Fahrrad?

Ab und zu stellen mir Leser eine Frage von allgemeinem Interesse. Ich publiziere sie dann mit meiner Antwort anonymisiert unter der Rubrik Q & A (Question and Answer). Zögern Sie nicht: Auch Sie können mir Ihre Frage stellen.

Frage: Ich suche gerade ein neues Velo, mit dem ich auch mein Cello für die Orchesterproben transportieren möchte. Ich nutze das Gewa Air 3.9 Cello Case mit den integrierten Gurten (https://www.thomannmusic.ch/gewa_air_3.9_cello_case_bl_bk.htm). Gewicht mit Cello, Bogen und Zubehör ca. 7.5 kg. Mit meinem aktuellen City-Bike, welches ähnlich aussieht wie Ihr Velo von 2012, habe ich das Problem, dass ich schon beim Aufsteigen mit dem
Cello am Sattel hängen bleibe und kaum sitzen kann. Vielleicht liegt es daran, dass mit den integrierten Gurten des Cases das Cello zu weit nach unten hängt (ich bin 1.90m gross und muss die Gurten auf die längste Position einstellen). Das Fiedler Tragesystem habe ich noch nicht getestet, wäre aber wohl einen Versuchen wert. Aktuell bin ich mit einem e-Trotti unterwegs, was für den Transport des Cellos gut funktioniert, allerdings bin ich sehr eingeschränkt beim Mitführen von Notenständer und Sitzkissen. Auch bin ich wegen der kleinen Räder sehr wackelig unterwegs.
Nun zu meinen Fragen:
– Empfehlen Sie eine bestimmte Technik für den Aufstieg auf das Velo und für den Abstieg?
– Ist es aus Ihrer Sicht realistisch, das Cello an einer Seite des Gepäcksträgers zu befestigen, vorausgesetzt eine entsprechende Aufnahmevorrichtung und als Gegengewicht Notenständer/Sitzkissen/Notentasche auf der anderen Seite? Oder wäre das gegen jede Vernunft aufgrund des Gewichts und der Grösse des Cellos?
– In Ihrem Blog-Artikel von 2012 empfehlen Sie Anhänger aufgrund von Erschütterungen nicht. Haben Sie mittlerweile trotzdem Erfahrungen mit Anhängern gesammelt, z.B. wie dieser: https://www.galaxus.ch/de/s3/product/burley-travoy-veloanhaenger-12551754?

Antwort: Es liegt wohl an den Gurten. Vielleicht sollten Sie wirklich mal das Fiedler-Tragesystem von einem Fachmann montieren lassen (in meinem Fall war dies der Geigenbauer). Wenn es für Ihre Körpergrösse korrekt am Kasten angebracht wird und optimal eingestellt wird, müsste es meiner Meinung nach eigentlich klappen.
Ich steige fast immer so auf, dass ich das Fahrrad mit beiden Händen am Lenker halte und daneben stehe. Dann setze ich den linken Fuss auf das linke Pedal, stosse mit dem rechten Fuss kraftvoll ab und schwinge sobald das Fahrrad rollt, das rechte Bein über den Sattel, um mit dem noch freien Fuss im anderen Pedal zu landen. Und schon bin ich unterwegs. An und für sich sollte man aber auch im Stillstand aufsteigen können, wenn alles richtig eingestellt ist.
Lastenanhänger habe ich, aber ich würde nach wie vor das Cello nicht darin transportieren weil ich auf dem Rücken die Unebenheiten im Boden viel besser abfedern kann (durch Aufstehen).
Das Cello an der Seite montieren finde ich persönlich keine gute Lösung. Wie Sie richtig vermuten, wäre das Fahrrad dadurch unbalanciert und ich finde auch, dass das Cello dabei zu exponiert wäre, sollte ein seitlicher Aufprall jedweder Art stattfinden. (Auch müsste es wohl ein besonders langes Fahrrad sein, damit das überhaupt ginge.)
Ein Kollege von mir hat sich übrigens ein dreirädriges Cargo-Bike gekauft, um das Cello darin zu transportieren. Er hat glaube ich mit Schaumgummi-Polstern eine gewisse Federung erzielt. Ich persönlich denke trotzdem, auf dem Rücken ist das Cello besser aufgehoben, weil man erstens die Schläge besser neutralisieren kann, zweitens das Gefährt weniger breit ist und somit besser durch den Verkehr kommt und weil mir drittens das das Cello bei einem Zusammenstoss besser geschützt zu sein scheint.

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Mit dem Cello Fahrrad fahren – eigentlich kein Problem

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Radfahren ist eines meiner Hobbys: Jahr für Jahr lege ich auf dem Rennrad 2000 bis 4000km zurück. Es hat mich daher immer ein bisschen gewurmt, dass ich als Cellist vermeintlich nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren kann, um auf diese Weise zusätzliche Trainings-Kilometer zu sammeln. Vor ca. einem Jahr habe ich schliesslich herausgefunden, dass man sehr wohl mit dem Cello auf dem Rücken Velo fahren kann. Seitdem nehme ich immer das Rad, um zu Proben und Konzerten in meiner Stadt zu fahren.

Man braucht ein gutes Tragesystem

Original war an meinem Accord-Cellokoffer ein Tragesystem, welches sich mitunter in voller Fahrt löste und mich dann zwang, das Cello auf einer Schulter zu balancieren. Das war nicht ganz ungefährlich. Daher habe ich bald das “Fiedler Tragesystem” montieren lassen. Damit sitzt das Cello fest und komfortabel auf meinem Rücken und die Fahrten sind von daher ungefährlich. Weitere Vorteile dieses Systems sind die eingebaute und praktische Notentasche, die nützliche Bleistifttasche, der durchdachte kompakte Bodenschutz sowie das bei Bedarf montierbare Sitzkissen für unbequeme Stühle am Ort des Auftrittes.

15 min Zeitersparnis pro Weg

Es ist keine Neuigkeit, dass das Velo in der Stadt das schnellste Verkehrsmittel ist. In der Zeit, in der ich von meinem Haus zur Bushaltestelle gehe, bin ich mit dem Rad schon beim Theater. Je nachdem, wo die Orchester-Dienste sind und wenn ich am Morgen und am Abend Dienst habe, kann ich bis zu einer Stunde Zeit in einem Tag einsparen. Ein völlig anderes Zeitmanagement wird möglich.

Der Trainingseffekt ist gut

Meine Strecken (hin und zurück) sind 3.4km fürs Theater, 4km für den Bahnhof, 4.4km fürs KKL und 7.6km für das Probelokal im “Südpol”. Eigentlich keine Riesendistanzen aber je nach Dienstplan komme ich pro Woche auf 20 – 50km. Mit dem Cello auf dem Rücken hat man einen viel grösseren Luftwiderstand und so ein Stadtvelo ist auch nicht grad ein Ferrari – als verwöhnter Rennvelofahrer fühle ich mich eigentlich wie auf einem Traktor: will man wie ich also schnell fahren, so muss man sich anstrengen. Das viele Bremsen und Beschleunigen auf kurzer Strecke trainiert einen dann sehr wohl und ich merke, dass ich bei meinen Ausfahrten mit dem Rennvelo mehr Kraft und Ausdauer habe. Der Trainingseffekt ist mir also höchst willkommen.

Die richtige Kleidung

Helm ist natürlich ein Muss. Eine gute Velobrille mit hellen Gläsern kann ich auch empfehlen als Schutz vor dem Fahrtwind und für gute Nachtsicht. Ansonsten radle ich in Alltagskleidung. Aber vor der Abfahrt kontrolliere ich immer kurz im Internet die Temperatur und die Wetteraussichten für den Tag, um nicht ohne Regenschutz von einer Schauer überrascht zu werden und vor allem um nicht zu warm gekleidet zu sein, denn bei zügiger Fahrt bekommt man schon warm und man möchte nicht total verschwitzt in die Probe starten. Am Zielort wasche ich mir kurz das Gesicht und schon bin ich ready!

Das richtige Velo für die Stadt

Für den Alltag ist ein Rennvelo oder ein reinrassiges Mountainbike nicht geeignet. Es fehlen Schutzbleche, welche einen vor dem Spritzwasser der eigenen Räder bewahren, Gepäckträger, Kettenschutz, Rahmenschloss, Licht, Ständer usw. sucht man auch vergeblich – allesamt wichtig für die Sicherheit und den Komfort. Es empfiehlt sich eher ein zeitgenössisches Citybike, welches alle diese Dinge von Haus aus hat. An meinem Stadtvelo habe ich zudem faltbare Metall-Körbe, welche seitlich am Gepäckträger montiert sind und sich bei Bedarf aufklappen lassen. Die machen das Velo zwar schwerer aber gerade als Cellist hat man auf dem Rücken schon ein rechtes Möbel und will man beispielsweise noch Konzertschuhe und Notenständer mitführen oder auf dem Rückweg schnell einkaufen, so sind sie eine grosse Hilfe.

Es macht Spass und schont die Umwelt!

Ich kenne mittlerweile mehrere Cellisten, welche mit dem Rad zur Arbeit fahren. Man muss es einfach probieren, denn die Zeitersparnis ist ein Riesenplus und der Effekt für die Fitness ist nicht zu unterschätzen. Man steckt auch nie im Stau, findet überall geeignete Parkplätze und ist zudem umweltfreundlich unterwegs. Ausserdem wirkt sich ein bisschen Sport immer positiv auf die Stimmung aus und man kommt gutgelaunt ins Orchester – was will man mehr?

Cargobike? Anhänger?

Cargobikes und Anhänger faszinieren mich, aber ich glaube nicht, dass sie für den Cellotransport eine gute Idee sind, weil ein Cello möglichst vor Erschütterungen geschützt werden sollte. In einem Anhänger oder Cargobike wird es zu sehr durchgeschüttelt. Auf dem Rücken ist es besser geschützt, weil man z. B. vor einem Randstein automatisch aufsteht und so die Unebenheit in der Strasse ausgleicht.