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Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Musikern und Sportlern

Musik ist zwar kein Sport, die Ähnlichkeiten sind aber dennoch frappierend
Musik ist zwar kein Sport, die Ähnlichkeiten sind aber dennoch frappierend

Oft denke ich darüber nach, wie sehr das Leben eines professionellen Musikers in vielen Bereichen dem eines Spitzensportlers ähnelt. So sind beide Berufsgruppen darauf angewiesen, sich sowohl technisch als auch physisch kontinuierlich in Form zu halten und zu verbessern, da sie sonst Karriere-Probleme kriegen könnten. Sowohl Sportler als auch Musiker feilen an ihren Fähigkeiten in der Regel bereits seit sie Kinder sind. Beide haben ein leidenschaftliches Publikum, welches gute Leistungen sehen will. Ist der Sportler in einer Mannschaft (Fussball, Eishockey etc.) dann scheinen mir die Strukturen, Machtverhältnisse und Abläufe denen eines Orchesters zu gleichen (Spieler=Musiker, Trainer=Dirigent, Manager=Intendant, Büroangestellte=Büroangestellte). Beide haben ein gewisses unvermeidliches Mass an Reisetätigkeit. Beide arbeiten dann, wenn das Publikum Zeit hat, sich die Spiele oder Konzerte anzusehen (abends, samstags, sonntags). Für beide ist der Arbeitsmarkt sehr kompetitiv. Des weiteren: Verletzt sich der Sportler oder der Musiker, so kann das ein grosses Problem darstellen. In beiden Bereichen gibt es die divenhaften Starspieler – im Fussball der Goalgetter oder Spielmacher / in der Musik der Starsolist – , welche mit Riesensalären gelockt werden sowie die unscheinbaren und dennoch unverzichtbaren Teamplayer. Sowohl im Sport als auch in der Musik gibt es unterschiedliche Spielklassen von Championsleague über Nationalligen bis hinunter zu den Amateuren und auch wenn alle das gleiche Spiel oder die gleiche Musik spielen so ist am einen Ende der Skala das Prestige viel höher, was manchmal ungerecht ist. Dramen erlebt man sowohl im Sport als auch in der Musik. In beiden Bereichen braucht man ausserdem auch stets etwas Glück sowie gute Karriereinstinkte, um ganz nach oben zu kommen. Ich könnte die Liste noch lange fortsetzen.

Dauer der Karriere als grosser Unterschied

Der einzige grosse Unterschied ist aus meiner Sicht die Dauer der Karriere. Während für Spitzensportler in den meisten Disziplinen irgendwann zwischen 30 und 40 Jahren Schluss ist, spielen die Musiker bis zum Rentenalter weiter. Auch Musiker werden indes nicht jünger. Will man bis zum Schluss vorne mitspielen, so empfehlen sich aus meiner Sicht folgende Ratschläge:

  • Körperlich gesund bleiben: Ausdauersport und Krafttraining in Massen, gesund leben (gesunde Ernährung, nicht zu viele Parties, nicht rauchen, wenn, dann gemässigt Alkohol trinken, genug schlafen, Gehörschutz), gesunde Haltung am Instrument, kräfte- und körperschonende Spielweise
  • Psychisch gesund bleiben: Privatleben pflegen, Hobbies, Kontakt mit Freunden und Kollegen pflegen, guter Umgang mit Stress
  • Auf dem Instrument fit bleiben
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Hinfallen und wieder aufstehen

Hinfallen und wieder aufstehen
Mein Cousin Severin – ein sehr guter Mountainbiker

Auch wenn so manche Musikerkarriere aussieht wie eine reine Erfolgsstory, gibt es doch bei jedem Musiker Ereignisse und Kapitel, die nicht erfolgreich über die Bühne gingen. Z.B.: Erfolglose Probespiele und Wettbewerbe, verkorkste Probejahre, massenhaft Nicht-Berücksichtigungen bei Konzertserien oder Festivals, Nicht-Einladungen zu Probespielen, Konzerte in Unterform etc. Zwar wird niemand diese Erlebnisse in seiner Künstlerbiographie breittreten (im Gegenteil!), stattgefunden haben sie bei jedem aber trotzdem.

– Nicht aufgeben

Wir sind keine Masochisten und wollen den Erfolg. Aber jeder, der überhaupt etwas tut, wird hin und wieder einen Misserfolg haben. Niemals sollte man allein deswegen aufgeben. Mit der Zeit merkt man, dass Scheitern nur halb so schlimm ist und in einem derart kompetitiven Umfeld wie der Musik für alle dazugehört wie der Bogen zum Cello.

– Die Lehren ziehen

Der “Vorteil” des Scheiterns ist, dass man erneut über die Bücher muss, weil man das nächste Mal bessere Chancen haben möchte. Wenn man das konsequent und mit grossem Einsatz tut, kann man immer besser werden, was genial ist. Kriegt man Feedback so sollte man dieses sich anhören und überlegen, ob gute Ideen enthalten sind (was nicht immer der Fall ist, manchmal aber schon). Auf der anderen Seite steht der Erfolg , der natürlich schön und motivierend ist. Er kann aber das Gefühl vermitteln, dass man bereits am Ziel ist und deswegen weitere Fortschritte blockieren.

– Keine Angst vor dem Scheitern haben

Besonders schade finde ich es, wenn bsp. in einem Probespiel unglaublich hohe um nicht zu sagen unrealistische Anforderungen an die Kandidaten gestellt werden, weil “der Mann auf der 1. Solostelle einfach unangefochtene Weltklasse sein muss”. Ich verstehe auch warum. So soll z. B. ein Solo-Cellist besser sein als die sehr guten Tuttisten und Stv. Solo-Cellisten eines exzellenten Orchesters, weil diese sich sonst “übergangen” fühlen. Und auch ich meine, dass so jemand gut sein soll. Jedoch gibt es in jedem Orchester Tuttisten, die gewisse Sachen besser können als ihre Stimmführer, was somit normal ist. Allerdings hat ein Stimmführer andere Aufgaben und mehr Stress und das wiederum erfordert Qualitäten, die vielleicht nicht jeder Tuttist hat. Und man sollte bedenken: Wenn sich diese zweifelsfrei exzellenten Tuttisten und Stv. Solo-Cellisten selber nicht um eine freie Solo-Stelle bewerben um somit ihr Vorspiel abzulegen und zu zeigen, wie gut sie sind, dann werden sie nicht übergangen, sondern bewerben sich schlicht nicht. Was ich vermute: Die sehr guten Tuttisten und Stellvertreter bewerben sich nicht, weil sie Angst haben, zu scheitern und sich zu blamieren, was völlig normal und verständlich ist. Sollten sie indes aber nicht, denn jeder scheitert hin und wieder und es ist nur halb so wild und darüber hinaus würden sie im Falle eines Scheiterns idealerweise sinnvolle Schlüsse ziehen und evtl. die Kandidaten in zukünftigen Probespielen etwas realistischer einschätzen. Ausserdem ist gelegentliches Scheitern eine gute menschliche Erfahrung, fördert eine gewisse Gelassenheit sowie eine Wertschätzung für das, was man bereits erreicht hat. Letzter Punkt ist interessant, weil man oft von frustrierten Musikern spricht, die es zwar versuchten jedoch nicht schafften. In meiner eigenen Erfahrung und Beobachtung ist das Gegenteil richtig: diejenigen, die es versuchen sind die motivierten und fitten Musiker, welche sich nichts draus machen, dass es halt mal nicht geklappt hat, selbst wenn die Niederlage am Anfang bitter schmeckte. Auch verdienen sie sich Respekt und zeigen allen, was sie können (oft können sie sehr viel).

– Nach dem Scheitern geht das Leben weiter

Genauso, wie man sich an den Erfolg gewöhnt, gewöhnt man sich auch an den Misserfolg. Zwar bleiben danach die Fragen, ob man es jemals überhaupt schaffen wird und Selbstzweifel kommen hin und wieder auf usw. Eigentlich sind die in einem gewissen Ausmass aber sehr gesund. Und das Leben geht weiter – neue Projekte stehen an und vielleicht wird eines davon ein Erfolg, weil man viel gelernt hat.

– Ohne scheitern wäre es langweilig

Alles, was sich lohnt zu erreichen, ist nicht einfach erreichen und einiges, was einfach zu erreichen ist, ist nicht besonders spannend. Wer nie scheitert geht wahrscheinlich oft auf Nummer sicher.

– Wer auf Nummer Sicher geht lebt eigentlich gefährlicher!

Ich wage zu behaupten, dass Musiker, die sich exponieren und hin und wieder eine Niederlage kassieren eine sicherere Existenz haben als die, die sich “verstecken”. Denn der Musiker, der weiterkommen will und dabei notwendigerweise nebst Erfolgen auch Misserfolge hat, entwickelt seine Fähigkeiten ständig weiter und misst sich immer mit den besten. Der andere, der tut, was er immer schon getan hat und das auch weiter tun will, stagniert und macht vielleicht sogar Rückschritte. Es ist nicht schwer zu sehen, welcher der beiden Musikertypen für eine Organisation wertvoller ist.

 

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6 grundlegende Tipps (nicht nur) für Musiker

Nicht nur für Musiker
Nicht nur für Musiker

1. Sei fleissig

Weil sie nicht oder kaum üben, klingen Faule Musiker ohne Ausnahme schlecht. Sie sind unvorbereitet und daher in jedem Ensemble ein Bremsklotz. Sie finden immer eine Ausrede: Sie üben nicht, weil sie keine Zeit haben, sie haben falsch gespielt, weil das Licht schlecht war oder weil der Kollege nebenan zu früh geblättert hat usw. Fakt ist aber: Niemand spielt gerne mit ihnen. Sei deshalb anders und mache das Gegenteil: Übe viel und bleibe somit fit auf deinem Instrument. Bereite deine Stimme immer vor und höre Aufnahmen von den zu spielenden Stücken, damit die Kollegen gern mit dir spielen.

2. Sprich nicht schlecht über andere Musiker

Hin und wieder gerät man in Gespräche, in denen schlecht über andere Musiker gesprochen wird. Auch wenn die zur Sprache stehenden Kollegen nicht über jeden Zweifel erhaben sind, sollte man vermeiden, selber negative Aussagen beizusteuern. Erstens bringt es nichts (der Kollege wird dadurch nicht besser). Zweitens kann man nur seine eigene Leistung kontrollieren und sollte daher dort ansetzen und vor der eigenen Haustüre kehren. Und drittens schädigt man seinen eigenen Ruf, wenn man über andere schlecht redet, weil die Leute das registrieren und einem mit der Zeit nicht mehr vertrauen. Ausserdem ist es schade um die Zeit.

3. Der eigene Ruf

Ein guter Ruf wird über Jahre aufgebaut, indem man kontinuierlich ausserordentlich gute Arbeit abliefert und sich vorbildlich verhält. Zwar kann man einen guten Ruf kaum über Nacht zerstören. Wenn man aber über längere Zeit die Zügel schleifen lässt, wird man mit der Zeit ein anderes Image haben. Man sollte daher immer versuchen, den guten Ruf zu bewahren, denn er ist sehr viel wert. Daraus folgt, dass man sich nie auf den Lorbeeren ausruhen darf, nie überheblich werden darf, nie auf andere herabschauen soll und immer gute Arbeit leisten muss.

4. Sei korrekt und anständig

Niemand will gerne mit unangenehmen Zeitgenossen zusammenarbeiten. Auf der anderen Seite wird man auch nicht automatisch mit allen dicke Freundschaften schliessen können. Aber das Vorbild sind hier für mich die Kollegen, welche immer korrekt und anständig sind, nie aus der Haut fahren und mit allen respekt- und taktvoll umgehen.

5. Respektiere die Hierarchien

Das ist ein schwieriger aber wichtiger Punkt. In einem Orchester etwa wird man mit einem Dirigenten schnell Probleme kriegen, wenn man seine Anweisungen ignoriert oder – noch schlimmer – das Gegenteil macht. Du musst in jeder Situation die Hierarchien verstehen und akzeptieren. Ein Zuzüger in einem Orchester ist bsp. einem regulären Mitglied untergeordnet. Der Solo-Cellist ist logischerweise der Chef der Celli. Der Konzertmeister steht wieder darüber usw. Dazu gibt es noch inoffizielle Hierarchien: Menschen, die aus irgendeinem Grund viel Gewicht und Einfluss zu haben scheinen. Wie ernst man inoffizielle Hierarchien nehmen muss ist mir selber auch nicht immer klar. Aber zumindest gedanklich sollte sich jeder damit auseinandersetzen.

6. Hoffe das Beste, erwarte das Schlimmste

Es ist immer gut, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein: Für Musiker heisst das z. B.: Ein schlecht vorbereiteter Dirigent leitet das Konzert. Oder schummriges Licht, sodass man die Noten nicht gut lesen kann. Oder ein unbequemer Stuhl, suboptimale Akustik usw. Man kann fast alles beim Üben zu Hause in Betracht ziehen und sich darauf entsprechend vorbereiten. Und es zahlt sich aus, weil man nachher im Ernstfall dann für fast alle Fälle eine Lösung parat hat.

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Sei nicht besser, sei anders

mozartputztseine

Jeder Cellist sollte jeden Tag versuchen, “besser” zu werden.

Cello spielen ist jedoch nicht wie der Hundertmeterlauf der Leichtathletik, bei dem man ganz klar erkennen kann, wer der schnellste und somit der beste ist. Spitzenmusiker in ihren Fähigkeiten zu beurteilen und zu klassifizieren ist ein höchst subjektives und letztlich unmögliches und unsinniges Unterfangen. Denn gerade wenn wir eine Auswahl an bestmöglichen Cellisten haben, wird es selbst für Experten nicht eindeutig klar sein, welcher nun der allerbeste ist. Und wenn dann jemand den Cellisten A besser findet, dann wird garantiert auch Cellist B seine Fans haben. Gleich wird es sich mit Cellistin C verhalten. Die gesamte Sache ist extrem subjektiv und es werden Kriterien wie Sympathie, Ausstrahlung, Aussehen usw. eine Rolle spielen.

1. Nicht versuchen, es allen recht zu machen

Für mich folgt daraus, dass man es gar nicht erst versuchen sollte, so zu spielen, dass es allen gefällt, denn das ist definitiv und absolut unmöglich. Es ist viel sinnvoller, so zu spielen, wie es dir selber gefällt. Denn dann gefällt es wenigstens einer Person, nämlich dir. Und die Tatsache, dass man es sich selber recht macht, wirkt in jedem Falle überzeugender auf eine Jury oder ein Publikum, als wenn man quasi telepathisch den Geschmack der Zuhörer zu erahnen versucht.

2. Anders sein

Es ist leider so, dass der Klassikmarkt gesättigt ist. Der unwahrscheinlichste Weg zum Erfolg ist daher der, alles gleich zu machen, wie es die Konkurrenz seit 200 Jahren zu tun pflegt. Irgendwie muss man sich von den anderen deutlich unterscheiden. Die potenziellen Fans brauchen etwas besonderes, mit dem sie sich identifizieren können, ansonsten wird man automatisch zum Einheitsbrei der zwar sehr guten, aber eben nicht wirklich profilierten Musiker gehören. Anders zu sein verlangt nach einer guten Portion Mut, zumal es nicht reichen wird, im Takt 56 der Sonate XY den Triller von unten zu beginnen, wenn alle anderen den Triller von oben machen. Die Unterschiede müssen wirklich klar erkennbar sein. Niemals sollte man dafür allerdings den eigenen guten musikalischen Geschmack opfern. Es geht viel mehr um kreatives Bewirtschaften der eigenen Stärken. Bist du sehr begabt im Arrangieren von Musik? Dann schreibe deine eigenen Arrangements und spiele die im Konzert. Traust du dir zu, zu komponieren? Versuch’s. Hast du Humor und kannst du gute Reden halten? Dann baue geistreiche Ansprachen in deine Konzerte ein etc. etc. die Möglichkeiten sind wohl unbegrenzt und jeder kennt seine eigenen Stärken am besten. Und ich bin nicht einmal sicher, ob das reichen wird…aber es ist immerhin mal ein Anfang und die Konzertveranstalter werden anfangen zu verstehen, warum sie gerade dich buchen sollten.

3. Distanz zum Publikum reduzieren

Die richtig fetten Klassikkonzerte (also die der grossen Sinfonieorchester und Kammermusikreihen) sind zwar ohne Frage von allerhöchster Qualität. Aber grundsätzlich ist für mich allgemein die Distanz zwischen Publikum und Künstler eher zu gross.

Was ich feststelle: Ich habe in meinem Leben viele Konzerte besucht. Und die, die mir wirklich ganz stark in Erinnerung bleiben, sind die, in denen der Dirigent oder der Solist oder die Musiker sich mit kurzen Kommentaren ans Publikum gewendet haben. Denn die gespielten Werke sind überall die gleichen und wiederholen sich darüberhinaus noch alle paar Jahre. Die Kommentare der Musiker sind aber immer anders und geben eine neue Perspektive. Man sieht das leider sehr selten, obschon es den Abend ungemein bereichert.

 

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Der echte Profi

Ab und zu arbeite ich mit Musikstudenten zusammen. Oft stelle ich dabei fest, dass der Unterschied zwischen einem erfahrenen Profi und einem angehenden Berufsmusiker nicht nur beim musikalischen Niveau liegt, sondern vor allem in der Professionalität. Jeder, der es als Musiker schaffen will – auch in nicht-klassischen Musikrichtungen – muss nebst einem Topniveau auf dem Instrument die im folgenden beschriebenen Tugenden meistern.

Pünktlich sein heisst: min. 15min zu früh sein: Als Musiker ist Pünktlichkeit eine Top-Priorität. Und pünktlich sein heisst nicht, dass man um 9h aufkreuzt, wenn die Probe auf 9h angesetzt ist. Nein: Man muss bereits 15min früher dort sein, sich einrichten, das Instrument stimmen, sich einspielen usw., so dass der Dirigent oder die Mitmusiker um 9h mit der Probe loslegen können. Definitiv inakzeptabel ist es, erst um 9h05 in die Probe zu kommen, weil der Zug um 9h im Bahnhof eintrifft. Oft muss man deswegen in den sauren Apfel beissen und eine halbe Stunde zu früh sein, weil der nächste Zug zu spät ist. Bei Konzerten sollte man darüber hinaus zusätzliche Pufferzeit einrechnen, da ein Zugausfall oder Verspätungen sehr unangenehme Folgen haben können. Im Orchester werden Verspätungen übrigens nicht toleriert. Ist man innerhalb von 2 Spielzeiten einmal zu spät, so gibt es ein Vermerk im Dienstplan. Beim zweiten Mal muss man aufs Büro. Beim dritten Mal…will ich lieber nicht wissen, was passiert.

Vorbereitet: Ein Ensemble ist immer nur so gut wie das schwächste Mitglied. Natürlich gibt es Leute, die supergut blattlesen. Aber so ganz reicht es normalerweise nie. Gewisse Stücke kann man vom Blatt passabel spielen. Andere nicht. Und passabel ist nicht gut. Aus Respekt vor den Kollegen und aus Rücksicht auf den eigenen Ruf, sollte man sich immer zu Hause auf eine Probe vorbereiten. D. h. nebst dem Üben etwa auch Noten kleben, falls es lose Kopien sind.

Ausgerüstet: Wer in eine Probe ohne Bleistift und Radiergummi kommt, hat einen sehr schweren Stand. Es geht den Kollegen auf die Nerven, wenn man immer um ein Schreibzeug bitten muss. Und zur Not einen Kugelschreiben zu verwenden ist fast genauso schlecht, da man oft mit Leihmaterial arbeitet und dort alle Eintragungen eines Tages wieder raus müssen. Abgesehen davon sollte man die Möglichkeit haben, Eintragungen schnell zu ändern, falls es neue Anweisungen gibt. Auch sollte man einen Notenständer dabei haben, wenn man das Gefühl hat, dass es nötig sein könnte (gute Alu-Notenpulte wiegen nur 600 Gramm). Bodenschutz ist oft auch sinnvoll.

Keine Allüren: Egal wie gut du bist und was du über berühmte Musiker gehört hast: Star-Allüren werden deiner Karriere schaden. Sei freundlich mit allen, sei flexibel, hilfsbereit und nicht zu anspruchsvoll.

Zuverlässig: Sorge dafür, dass du möglichst bereits in der ersten Probe fehlerfrei spielst und andernfalls in der zweiten Probe allfällige Schwächen ausgemerzt hast. Die Musikerkollegen und Dirigenten schätzen Musiker, auf die man zählen kann, weil sie immer richtig einsetzen, immer sauber spielen und rhythmisch immer einwandfrei sind.

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Superstar-Karriere, Teil 2 von 2: Was können “Normalos” tun?

Im ersten Teil des Artikels haben wir über die Stars der Branche gesprochen und über die Gründe ihres Erfolges. Im zweiten Teil will ich nun über die Möglichkeiten aller “Nicht-Stars” nachdenken. Bestimmt gibt es noch viele andere Wege als die hier beschriebenen.

1. Nimm es locker

Nur die allerwenigsten werden Klassik-Superstar. Ich denke daher, dass das Wichtigste für alle anderen ein unbeschwerter Umgang mit dieser Tatsache ist. Es hat wirklich keinen Sinn, Neidgefühle zu entwickeln. Die wenigen Auserwählten sind sehr gut, hatten eine Verkettung glücklicher Zufälle, sind immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und haben alles gegeben, um zu stehen, wo sie jetzt stehen. Sie sind deswegen nicht zwangsläufig die besten aber darauf kommt es nicht an. Vergessen wir auch nicht, dass der “Job” des Superstars finanziell zwar gut ist, vom Lebensrhythmus her aber wirklich eine steinharte Sache.

2. Führe ein erfülltes Musiker-Leben, unabhängig von der Liga, in der du spielst

Ich bin der Überzeugung, dass alle in ihrem jeweiligen musikalischen Umfeld einen wertvollen Beitrag leisten können und dadurch einen Unterschied machen können. Egal ob Student, Freelancer, Musikschullehrer, Tuttigeiger, Solo-Cellist, Konzertmeister oder Star-Solist: Wer jeden Tag versucht, dazuzulernen, besser zu werden, effizienter zu sein, das Umfeld mit einer positiven Persönlichkeit anzustecken, sich musikalisch noch besser ins Gesamte zu integrieren und das alles ohne zu verkrampfen, der wird ein glückliches Musikerleben führen. Auf der anderen Seite kann man auch jeden Tag unglücklich sein – selbst als Weltstar, davon bin ich überzeugt. Wir alle haben jeden Tag die Wahl.

3. Vermarkte dich selber

Der Klassikmarkt ist zäh und gesättigt. Dennoch gibt es Leute, die sich über Jahre hinweg in beharrlicher Art und mit viel Trial-and-Error bemerkenswerte Netzwerker- und Selbstvermarktungs-Fähigkeiten aneignen und daher konstant als Solisten und Kammermusiker spielen. Diese Leute können ihre Stelle im Orchester oder an der Musikschule zwar nicht an den Nagel hängen, aber ihr Musikerleben weist sehr viel Aktivität auf und ist hochinteressant, auch wenn sie öfter in der Provinz solieren als im KKL.

4. Sei anders

Damit meine ich nicht, dass du dir die Haare grün färben sollst, wenngleich das bestimmt einen gewisse Bekanntheit generieren könnte. Vielmehr denke ich, dass man nicht einfach ohne viel zu denken eingefahrene Pfade einschlagen sollte. Alle produzieren eine CD? OK, mache ich auch! – Nein, eben nicht: Wozu eine CD? Bringt das wirklich etwas für die Selbstvermarktung? Kann man damit überhaupt noch Geld verdienen? Reichen mp3s nicht auch? Ist Video nicht besser? Warum nicht bloggen, kann doch potenziell viel mehr Leute erreichen etc… Warum nicht seine eigene Musik komponieren? Die Welt ist voll von sehr leicht austauschbaren Künstlern, gehe einen Weg, der dich besonders macht.

5. Weite die “Kampfzone” aus

Ich glaube nicht, dass wir gegen die Starsolisten ankommen, wenn wir selber eine normale CD herausgeben, eine normale Homepage haben und auch sonst alles auf der normalen Ebene ablaufen lassen. Wenn wir aber spannende Blogs haben, eigene Kompositionen auf Youtube und andere kreative Ideen realisieren, dann könnte sehr wohl das eine oder andere Projekt ein Hit werden. Was, wenn z.B. dieser Blog eines Tages 50’000 Leser pro Woche haben sollte? So ein Traffic kann sehr gut alle meine anderen Aktivitäten populärer machen.

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Superstar-Karriere, Teil 1 von 2: Gibt es Rezepte?

Um es vorweg zu nehmen: Ich glaube nicht, dass es Rezepte mit Erfolgsgarantie gibt. Es kann schlichtweg nicht jeder ein Superstar sein – die Plätze an der Sonne sind zu rar, die Demographie spricht dagegen. Vermutlich ist die Bezeichnung “Superstar” für klassische Musik ohnehin etwas übertrieben, da ein klassischer Musiker auch in extremen Fällen nie gleich bekannt sein wird wie zum Beispiel Barack Obama oder Tina Turner.

Doch zurück zum Thema. Ich selbst gehöre bekanntlich nicht zum erlesenen Kreise der Klassik-Superstars weshalb ich nicht für die 100-prozentige Richtigkeit der hier aufgestellten Thesen garantieren kann. Dies sind bloss meine Beobachtungen und Einschätzungen.

Top-Solisten brauchen keine Wettbewerbserfolge

Die meisten grossen Solistenkarrieren wurden nicht an einem internationalen Wettbewerb gestartet. Warum? Aus meiner Sicht ganz einfach: Wenn junge Musiker an einem Wettbewerb teilnehmen, sind sie zwischen 20 und 25 Jahre alt. Die Wettbewerbsteilnehmer sind Leute wie du und ich: Begabt, aber ohne ein Umfeld, dass schon früh alles auf eine Solistenkarriere “vorspurt”. Die zukünftigen Stars hingegen werden früh von ihren (Musiker-)Eltern auf die Realität vorbereitet (üben, üben, üben, gute Lehrer suchen und finden, und vor allem: Konzerte finden/organisieren sowie Klinken putzen…) Wie dem auch sei: Zum Zeitpunkt, zu dem die Leute wie du und ich dazukommen, Wettbewerbe zu bestreiten, haben die zukünftigen Superstars bereits 5-10 Jahre mit anfangs kleinen und dann graduell immer grösseren Konzertengagements hinter sich und brauchen gar keinen Wettbewerb mehr um ihre Karriere zu lancieren, da sie schon viel weiter sind. Wettbewerbsgewinner haben zwar ihren Preis und gehen nicht leer aus, da sie bestimmt grosse Fortschritte gemacht haben und vielleicht auch ein paar Konzerte kriegen – die zukünftigen Super-Stars haben aber bereits Konzertengagements, einen gewissen Bekanntheitsgrad, Kontakte und grosse Erfahrung.

(Bemerkung am Rande: ich bin recht froh, dass meine Eltern mir meine Kindheit und Jugend gelassen haben. Auch so ist mein jetziges Musikerleben spannend und auch unter den so genannten “Wunderkindern” schafft es bei weitem nicht jedes zur Weltkarriere – sprich: sie sind dann am Ende gleich weit wie du und ich, möglicherweise aber mit einem üblen Knacks, weil sie es nicht geschafft haben. Vermutlich hätte ich aufgehört Cello zu spielen, wenn man mich dazu gezwungen hätte. Der grosse Dirigent Georg Solti soll übrigens sinngemäss gewarnt haben, dass Eltern, welche ihre Wunderkinder “pushen” in 9 von 10 Fällen ihrem Kind grossen Schaden zufügen.)

Die Stars wissen, dass sie einzigartig sein müssen.

Alle guten Musiker sind technisch und musikalisch exzellent, aber sie sind sich vielleicht nicht ganz bewusst, dass es noch auf andere Sachen ankommt. Ein Star muss ein einzigartiges Charisma besitzen, um eine 2000 Menschen zählende Zuhörerschaft in einem relativ steifen klassischen Konzert zu fesseln. Was genau Charisma ist, ist schwierig zu beschreiben. Ein gutes Aussehen ist sicher ein Plus, aber es reicht nicht. Viel wichtiger ist ein von A-Z überzeugender und souveräner Auftritt auf und neben der Bühne.

Sie sind supergut

Der Star muss besonders gut sein, ohne das geht es nicht. Er hat tausende, wenn nicht zehntausende von Stunden geübt, bevor er ein Star wurde. Er muss in der Lage sein, permanent 5-10 Instrumentalkonzerte “KKL-reif” präsentieren zu können. Auch wenn er nicht immer 100% geben kann, muss seine Leistung immer akzeptabel sein.

Sie treten auf wie die Nummer 1

Das Dilemma, das ich bei vielen Musikern vermute: Selbst wenn man in seinem Leben zehntausende Stunden geübt hat und super gut spielt, wird es immer irgendwo Musiker geben, die noch besser sind. Das drückt auf das Selbstbewusstsein. Für Solisten ist es nicht besser: In jedem Orchester gibt es den einen oder anderen Musiker, der den Starsolisten jederzeit um die Ohren geigen würde. Aber Stars können das irgendwie verdrängen und sich dem Publikum trotzdem selbstbewusst als “Nummer 1” zeigen.

Die Stars schaffen es in eine schlagkräftige Agentur

Machen wir uns nichts vor: Niemand wird einfach bei den New Yorker Philharmonikern oder bei jedem anderen Profi-Orchester der Welt anrufen können um zu fragen, “darf ich nächstes Jahr bei euch Dvorak-Konzert spielen?” und auf diese Weise zu Engagements in dieser Liga kommen. Die Sinfonieorchester der Welt lassen sich ihre Solisten von einer Hand voll Top-Agenturen liefern. Wie man in so eine Agentur kommt, dort die Manager überzeugt und auch auf dem so genannten “Roster” bleiben kann ist vermutlich eine der kritischen Knacknüsse, wenn man ein Solist werden will. Die oben genannten Punkte könnten helfen.

Sie bauen sich mächtige Netzwerke auf

Die Stars und ihre Agenturen haben sich über die Jahre in aufwendiger Kleinarbeit ein Beziehungsnetz mit mächtigen Freunden und Partnern geflochten.

Die Stars sind ein überzeugendes Produkt

Exzellent Cello spielen können sehr viele. Die Stars haben daher noch ein paar andere Pfeile im Köcher. Durch ihre Leistungen und mit Hilfe ihrer Managements haben sie über die Jahre Weltbekanntheit erreicht, die es ihnen ermöglicht, grosse Konzertsäle auf der ganzen Welt mit Publikum zu füllen. Für die Konzertveranstalter sind sie deswegen ein attraktives Produkt, denn im Gegensatz zu anderen guten Musikern spielen sie nicht nur gut, sondern füllen auch den Saal mit Publikum, womit sie eine der primären Sorgen eines jeden Konzertveranstalters aus der Welt schaffen.

Sie akzeptieren die Entbehrungen des Lebens aus dem Koffer

Ein Topsolist ist ständig unterwegs und das meistens allein. Er sieht in seiner Karriere vor allem Flughäfen, Flugzeuge von aussen und innen, Taxis von aussen und innen, Konzertsäle und Hotelzimmer und wechselt dabei ständig zwischen allen möglichen Zeitzonen. Er spielt Jahr für Jahr zwischen 100 und 150 Konzerte und eilt dazwischen von Presseterminen zu Treffen mit Orchestermanagern und Konzertveranstaltern. Ein normales Familienleben kann so nicht stattfinden. Nicht jeder will so leben, die Solisten aber offenbar schon.

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5 Realitäten des Musikmarktes

1. Ein Konzertsaal füllt sich nicht von selbst

Oft interessieren sich Musiker nur für das Musikalische und denken, dass das Publikum von alleine kommt, wenn die Qualität stimmt. Es ist natürlich nicht so einfach: Klar muss die Qualität stimmen, aber ohne Marketing geht gar nichts. Nicht von ungefähr haben erfolgreiche Orchester ein Management und eine Marketingabteilung, die sich darum kümmert, dass das Geschäftliche rund läuft.

2. Die Bühnenpräsenz ist wichtig

Warum hat es ausgerechnet dieser oder jener Musiker zum Star geschafft hat, obwohl er soeben vielleicht grade ein ganz fürchterlich schlechtes Konzert gegegeben hat? Nun, sehr wahrscheinlich hat der Star sehr viel Charisma und kommt beim Publikum so gut an, dass er eine grosse Fan-Gemeinde weltweit hat und der Konzertsaal ausverkauft war. Und höchstwahrscheinlich spielt er sehr gut, wenn er in Form ist. Wenn auf der anderen Seite jemand anderes super gut spielt, aber seine Interpretation nicht mit einem kommunizierenden Bühnenauftritt kombiniert, dann wird der Funken nicht zum Publikum überspringen.

3. Jeder Musiker braucht Selbst-Management

Viele Musiker denken: Wenn ich nur ein Management hätte, dann hätte ich ganz viele Konzerte. Für die meisten Musiker bringt ein Management-Deal mit einer Agentur aber nicht viel. Denn wenn ein Künstler unbekannt ist, dann kommt er erstens selten auf das Roster einer wirklich schlagkräftigen Agentur und zweitens wird die Agentur es nicht leicht haben, den unbekannten Künstler zu vermarkten. Zudem sind Agenturen gewinnorientierte Unternehmen. An jedem Konzert ihrer Künstler verdienen sie 10-20% der Gage. Damit sich dies finanziell für eine Agentur lohnt, muss ein Künstler sehr viele gut bezahlte Konzerte haben. Aber wer hat das schon? Nur ein paar wenige sehr bekannte Künstler. Daraus folgt: die meisten Musiker sind besser beraten, sich selber zu managen und zwar bis zu dem Punkt, an dem sie so viele Konzerte haben, dass sie es vom Administrativen her selber nicht mehr bewältigen können. Dann sind sie vermutlich im Stadium, in dem sie für ein professionelles Management interessant sind. Selbst dann sollten sie nicht alles auf gut Glück der Agentur überlassen und immer noch versuchen, die Agentur so gut es geht in ihren Bestrebungen zu unterstützen. Siehe auch meine Artikel “Do-it-yourself-Musiker” und “Superstar”.

4. Eine gute Homepage ist ein Muss

Ohne Homepage ist ein Musiker heutzutage fast inexistent. Nehmen wir an, du suchst einen Cellisten für ein Konzert, welches du veranstaltest. Du fragst ein paar Kollegen, wen sie empfehlen könnten. Du kriegst viele Namen aber drei Namen fallen immer wieder. Zu Hause googlest du die drei. Beim ersten findet Google nichts. Beim zweiten gibt es zwar Treffer, aber die Informationen sind auf sehr viele verschiedene Adressen verteilt sind (Zeitungsartikel, Konzertagenden, Konzertprogramme etc.) und die Informationssuche gestaltet sich beschwerlich. Beim dritten liefert Google mehrere tausend Treffer und als ersten Treffer eine professionelle Homepage die top-aktuell ist, Fotos, Aufnahmen, Konzertdaten, Videos, Artikel, Kontaktdaten und vieles mehr bietet. Es ist nicht schwer zu sehen, welcher der drei die beste Ausgangslage hat, oder?

5. Man muss jeden Tag so viel wie möglich üben

Der grosse Pianist Horrowitz soll gesagt haben: “Wenn ich einen Tag nicht übe, dann merke ich das. Wenn ich drei Tage nicht übe, merken es meine Freunde. Wenn ich eine Woche lang nicht übe, merkt es mein Publikum.” Er hat Recht. Übe jeden Tag während deiner ganzen Karriere, denn als Musiker ist Stagnation gleichbedeutend mit Rückschritt. Mehr Infos zum effizienten Üben hier.

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Der Do-it-yourself-Musiker

doityourself

Das eigene Instrument super zu beherrschen ist heutzutage in Anbetracht der grossen Konkurrenz das Minimum. Ein Musiker sollte heute eine Reihe weiterer Fähigkeiten draufhaben, um sich erfolgreich durchzuschlagen. Nicht zuletzt, weil nicht jeder einen ganzen Staff oder mindestens einen Manager hat, der einem den Rücken frei hält. Hier eine Auswahl der Fähigkeiten, die mir für einen Musiker, der konzertieren will, wichtig und nützlich scheinen.
Ich habe mir die folgenden Fähigkeiten in einer Kombination aus “Learning-by-doning” und “Trial and error” angeeignet. Auf Youtube gibt es zu vielen hier erwähnten Themen gute Instruktionen und man findet auch sonst vor allem im englischsprachigen WWW gute Infos.

Noten am Computer schreiben: Der Vorteil der am Computer geschriebenen Noten ist die gute Lesbarkeit. Es ist sehr nützlich, ein Notensatz-Programm zu beherrschen, selbst wenn man nicht komponiert. Es kommt z. B. vor, dass im Orchester extrem unleserliches Material verteilt wird. Dann kann man eine eigene Stimme herstellen, was in Proben und Konzert unnötigen Stress vermeidet. Die Kollegen freuen sich auch darüber. Ein gutes, kostenloses Programm ist MuseScore. Auf Youtube gibt es viele Anleitungen.

Homepage gestalten und pflegen: In einem derart kompetitiven Umfeld wie der Musik ist ein Künstler ohne Web-Präsenz so gut wie inexistent. Wer darüber hinaus seine Homepage selber baut und unterhält, spart nicht nur Geld und lernt eine nützliche Fähigkeit, sondern hat auch maximale Flexibilität bei der Gestaltung und beim Aktualisieren. Denn nur eine regelmässig aktualisierte Homepage mit möglichst interessanten Informationen ist sinnvoll. Ich arbeite mit einem Programm namens Freeway Pro, welches ziemlich leicht zu bedienen ist. Es gibt aber zahlreiche andere Möglichkeiten wie z. B. das Redaktionssystem Joomla, welches mir einen sehr guten Eindruck macht und auch ein Blog etwa bei WordPress kann praktisch sein. Wichtig ist, eine eigene Domain zu haben (d. h. www.SebastianDiezig.com und nicht irgendwas wie bluewin.ch/users/websites/sdiezig.html , eigentlich selbstverständlich.)

Networking: Fürs Networking gibt es zahllose Möglichkeiten wie z. B. Facebook. Fast wichtiger scheint mir aber, Konzerte anderer (befreundeter) Künstler zu besuchen und die Leute danach backstage kurz zu treffen. Dies ist ohnehin eine wichtige Art der Unterstützung unter Musikern sowie eine gute Inspirationsquelle.

Publikum werben: Ich glaube, dass sich viele Musiker nicht bewusst sind, was es eigentlich braucht, einen Saal mit Publikum zu füllen. Stellen Sie sich einen grossen Konzertsaal wie das KKL vor: Niemand will vor leeren Rängen spielen! Tatsächlich gibt es extrem viele gute Cellisten. Aber nur wenige haben ihren Namen derart etablieren können, dass sie locker ein KKL füllen. (Deshalb werden für solche Künstler auch zum Teil sehr hohe Honorare bezahlt, weil die dann überall gefragt sind). Wenn ich mich in die Lage eines Konzertveranstalters versetze und mir vorstelle, dass ich einen Konzertsaal mit einer bestimmten Anzahl Plätzen habe, dann ist meine erste Überlegung: Welcher Künstler garantiert mir einen vollen Saal? Als Musiker muss man daher versuchen, immer so viele Leute wie möglich ins Konzert mitzubringen. Und wie bei “Networking” oben beschrieben, die Konzerte anderer Musiker besuchen. Denn ohne Publikum geht gar nichts und jeder sollte seinen Beitrag leisten.

Für die Publikumswerbung ist Facebook gut (Veranstaltungseinladung), ein Newsletter sowie Mund-zu-Mund-Propaganda und last-but-not-least: Auf der eigenen Homepage ein bisschen Hype erzeugen (warum nicht ein Countdown?). Auch nicht schlecht sind eigens designte Postkarten bei Vistaprint.ch. Allerdings ist der Versand dann recht aufwendig. Bei der Publikumswerbung ist Kreativität und Mut gefragt, nicht notwendigerweise viel Geld.

Presse anschreiben: Ein Artikel über ein kommendes Konzert in einer Zeitung kann auch Publikumsinteresse generieren. Man sollte die Medien frühzeitig anschreiben und nicht enttäuscht sein, wenn Sie nicht antworten oder einen nicht berücksichtigen. Es ist immer ein Versuch wert. Was logischerweise aussichtslos ist, ist eine Zeitung im Tessin anzuschreiben, wenn man ein Konzert im Thurgau hat.

Blattlesen: Eine Fähigkeit, die wohl schon immer sehr wichtig war. Wer gut vom Blatt liest, der spart enorm viel Zeit und zwar nicht nur, wenn er in einer Probe alles zuverlässig und schön vom Blatt spielen kann, sondern auch beim Erlernen neuer und schwieriger Solo-Literatur. Ich war lange Zeit so schlecht im Notenlesen, dass das blosse Entziffern eines neuen Stücks bereits enorm viel Zeit in Anspruch nahm. Glücklicherweise muss man im Orchester in immer recht wenig Zeit sehr viele Noten “fressen” und verbessert sich so automatisch. Aber auch gezieltes Training wirkt. Auf Youtube und auch sonst im WWW gibt es gute Tips (suchen Sie nach “how to sight read” oder ähnliche Suchabfragen). Besonders empfehlenswert ist es, jeden Tag ein kleines Stück oder ein paar Seiten eines Stückes vom Blatt zu lesen. Am besten mit Metronom in einem Tempo, welches einem erlaubt, das Stück fehlerfrei zu bewältigen, und ohne anzuhalten (Fehler später untersuchen und korrigieren). Anfangen sollte man mit nicht zu schwierigen Stücken. Ich drucke gerne auf imslp.org ein Stück zum lesen aus.

Gut vom Blattlesen setzt auch eine sehr gute Technik voraus. Tonleitern und Arpeggios helfen. Mehr Tipps zum Üben hier und mehr Tipps zum Zeit sparen hier.

Video und Audio von einem Konzert produzieren: Videokameras kosten nicht mehr alle Welt, gute Stative etwas mehr und Recorder wie die verschiedenen Modelle der Marke “Zoom” (Stativ separat zu kaufen) sind auch relativ erschwinglich. Jeder Musiker sollte seine Konzerte mindestens auf Audio aufnehmen und hinterher hören. Mit einem Zoom Handy Recorder (ich habe den H4n) erzielt man mit etwas Erfahrung eine sehr gute Klangqualität, die meiner Meinung nach auch für eigene CD-Produktionen und Demos reicht. Wer dazu noch an einem guten Ort im Saal eine HD-Videokamera aufstellt und evtl. wie ich eine liebe Frau hat, die die Kamera auch noch führt, um das Video etwas interessanter zu machen, der kann dann die Audiofiles bsp. in SoundStudio (günstige und einfach zu bedienende Software von Felt Tip Inc.) bearbeiten (Hall hinzufügen, Applaus usw. wegschneiden, evtl. auch kleine Schnitte und Korrekturen) und in iMovie Ton und Video zusammenfügen und dann alles auf Youtube hochladen.

Konzerte an Land ziehen: Dies ist wirklich extrem tricky und schwierig. Ich selber bin kein Profi darin. Glücklicherweise werde ich oft angefragt, was die viel bessere Situation ist. Es spielt definitiv eine Rolle, wieviel Publikum man anzieht (siehe oben “Publikum werben”). Und dann auch wer einen kennt (daher: Kontakte pflegen, Konzerte von Kollegen besuchen, Homepage haben, Kollegen gut behandeln, Presse miteinbeziehen usw.) Aber das Feld ist sehr kompetitiv. Ein Musiker, der sich aus der Masse abheben kann, hat wohl bessere Chancen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Eine Möglichkeit wäre z. B. sich auf bestimmte Sachen zu spezialisieren (ich spiele z. B. gern Solo-Rezitals mit heiklen Programmen, die nicht jeder spielen will und komponiere auch eigene Werke für Solo-Cello). Jeder sollte sich bewusst sein, dass nichts einfach so aus dem Himmel kommt. Fast noch besser als Konzerte an Land ziehen wäre, Konzerte selber zu veranstalten. Einerseits würde man so mehr Arbeit für Musiker generieren und höchstwahrscheinlich sehr viel lernen über die Schwierigkeiten des Konzertbetriebs (Finanzierung, Publikumswerbung, Organisatorisches…).

Immer mehr wissen wollen. Die oben genannten Fähigkeiten habe ich nur kurz angesprochen. Natürlich muss jeder, der sich damit befassen will, viele Infos und Anleitungen zusammensuchen. Zum Glück haben wir heutzutage das Internet, in dem man enorme Informationsschätze findet. Bitte vergeben Sie mir, dass ich jetzt nicht anfange, hier Links anzusammeln. Wenn ich etwas wissen will, dann google ich es und merke mir die Adresse normalerweise nicht. Mit der Zeit trägt man aber sehr viele Mosaiksteinchen mit Informationen zusammen und kann sie zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammenfügen. Jeder muss sich immer weiterbilden!

Fit und gesund bleiben: Cellospielen und die oben genannten Punkte sind alle sitzende Tätigkeiten. Nebst dem täglichen üben (so viel wie möglich) sollte ein Musiker deshalb auch extra Zeit investieren um körperlich fit und gesund zu sein (wie jeder andere Mensch auch). Ich fahre gern Rennrad (1-2x pro Woche) und fahre immer mit dem Rad zur Arbeit und mache zudem jeden Tag Krafttraining mit meinem eigenen Körpergewicht. Ein anderer sehr guter Sport ist Schwimmen (vor allem crawlen). Wichtig ist logischerweise auch genug Schlaf, so banal es klingen mag.