>3. Preis Internationaler Cellowettbewerb Lugano “Gianni Bergamo” 2008
Spezialpreis Internationaler Cellowettbewerb Zagreb “Antonio Janigro” 2008
>Stellvertretender Solo-Cellist des Luzerner Sinfonieorchesters
Der Schweizer Cellist Sebastian Diezig ist ein gefragter Solist und Kammermusiker. Er studierte bei Pierre-Bernard Sudan, Marc Jaermann und schliesslich bei Thomas Demenga, bei dem er im Jahr 2008 seine Studien mit einem brillanten Solistendiplom abschloss. Sebastian ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe, besonders hervorzuheben sind sein 3. Preis am Internationalen Cellowettbewerb von Lugano (2008) sowie der Spezialpreis für die beste Interpretation des Pflichtstücks am Internationalen Cellowettbewerb von Zagreb (2008). Seit 2010 ist Sebastian als stellvertretender Solo-Cellist im Luzerner Sinfonieorchester angestellt, mit welchem er als Orchestermusiker im KKL und im Luzerner Theater auftritt sowie regelmässig in wichtigen Musikstädten Europas und Asiens gastiert. Als Solist tritt er mit Orchestern auf wie dem Basler Sinfonieorchester, dem Orchestra della Svizzera Italiana, dem Freiburger Kammerorchester und anderen mehr sowie an namhaften Festivals wie dem Lucerne Festival, Young Artists in Concert Davos, Sine Nomine Festival in Lausanne und andere in der ganzen Schweiz, in Deutschland, in Österreich, in Belgien und in Luxemburg. Sebastian komponiert auch. Bislang hat er unter anderem die virtuosen Solostücke “Top Gun Variations” (2012) und “Blues”(2007) geschrieben, uraufgeführt und für seinen Youtube-Kanal eingespielt. Ausserdem ist er Gründer und Autor des umfassendsten Celloblogs des deutschsprachigen Webs. Sebastian lebt mit seiner Frau, der Geigerin Paula Novoa, in Luzern.
Am 1.10.2015 spielte ich zusammen mit meinen Fribourger Kollegen im Cellooktett “FriCelli” in Château d’Oex im Festival “le Bois qui chante”. Hier können Sie das ganze Konzert sehen.
Cello Ensemble FriCelli (Fribourg, Switzerland)
Live Recording from concert in Château d’Oex on October 1, 2015
Cellists:
Sebastian Diezig
Pierre Bernard Sudan
Justine Pelnena Chollet
Sébastien Breguet
Nicolas Jungo
Noémie Grandjean
Diane Déglise
Simon Zeller
In meinem Leben habe ich bereits auf zahlreichen Instrumenten spielen dürfen. Fünf habe ich selber besessen, eines wurde mir für ein Jahr zur Verfügung gestellt und viele mehr habe ich ausprobiert. Es waren Celli in allen Preisklassen (9500 – 1’000’000 SFr) wobei ich die Instrumente im sechsstelligen Preisbereich nicht gekauft hatte, sondern sie mir längerfristig zur Verfügung gestellt wurden. Das Millionencello (ein Gofriller) habe ich nur beim Verkäufer ausprobiert.
Jedes einzelne dieser Instrumente hatte seine Stärken, aber eben auch seine Schwächen. Ich bin versucht zu schreiben, dass es das perfekte Cello gar nicht gibt, habe aber natürlich nicht alle Celli dieser Welt ausprobiert.
Was wäre denn überhaupt ein perfektes Cello? Meine Wunschliste ist wie folgt:
Das Cello…
hat einen schönen Klang,
eine schnelle und unkomplizierte Ansprache,
einen grossen Klang und/oder eine durchsetzungsfähige/obertonreiche Klangfarbe (was nicht das gleiche ist),
einen bezahlbaren Preis,
ist in gutem Zustand
sieht schön aus
stammt von einem namhaften Geigenbauer
ist finanziell gesehen eine gute Investition
Bislang ist mir kein Cello untergekommen, das alles konnte.
Gewisse Eigenschaften scheinen zudem im Widerspruch zueinander zu stehen. So hat ein lautes Cello oft nicht den allerschönsten Ton. Umgekehrt haben leisere Celli oft eine sehr schöne Klangqualität. Eine andere Eigenschaft, die man sich wünscht ist ein durchsetzungsfähiger Klang. So ein Klang ist aber normalerweise obertonreich, was manche Leute als “schrill” bezeichnen würden und somit nicht als schönen Klang.
Aber gehen wir doch nun meine Wunschliste der Reihe nach durch und ich gebe meine Meinung dazu.
Schöner Klang: In der Tat ist ein schöner Klang eine sehr wünschenswerte Eigenschaft. Was gefällt ist wie bei allem Geschmacksache und individuell verschieden. Aber ich denke, dass die meisten Musiker einen warmen, weichen, runden und komplexen Klang schätzen. Auf der andere Seite ist ein solcher Klang meistens nicht sehr durchsetzungsfähig und trägt eher schlechter als ein heller Klang. Zudem macht der Musiker und nicht das Cello den Klang. Ich will damit sagen, dass ein Cellist jedem Cello seinen Stempel aufdrückt und im Endeffekt auf jedem Instrument gleich klingt. Die Unterschiede von einem Cello zum anderen sind wirklich minimal und wenn man so ein Experiment durchführt, so merkt man, dass ein Super-Cellist auf jedem Cello sein Klang-Ideal reproduziert, egal wie gut oder schlecht das Instrument ist. Es gibt indes aber Instrumente, die einem mehr entgegen kommen als andere und solche, auf denen man härter arbeiten muss, um seine Vorstellung zu verwirklichen. Und natürlich sind erstere zu bevorzugen. Schliesslich gibt es auch ein paar schlichtweg fürchterliche Celli, die man gar nicht spielen will. Aber selbst darauf würde ein guter Cellist in der Not erstaunlich schön spielen.
eine unkomplizierte Ansprache: Für mich ist das eine der wenigen objektiv feststellbaren Eigenschaften. Es gibt Instrumente die beim Streichen mehr Nebengeräusche erzeugen als andere. Eine gute Ansprache ist etwas, worauf ich immer Wert lege, weil man einfach weniger Stress hat, wenn ein Ton zuverlässig frei von Nebengeräuschen erzeugt werden kann. Manchmal spielt hier auch der Bogen ein Rolle, nämlich wenn man neue Haare hat, welche noch nicht gleichmässig und richtig einkolofoniert sind, dann pfeift es mehr als üblich. Aber in der Regel ist das Cello der Hauptfaktor.
einen grossen oder durchsetzungsfähigen Klang: Ich brauchte lange, bis ich realisierte, dass es nicht unbedingt das selbe ist. Natürlich wird ein Cello, das richtig laut ist, sich immer durchsetzen können und das ist auch eine tolle Eigenschaft, welche ein Cello haben kann! Aber wenn ein Cello auf dem Dezibel-Messgerät gemessen etwas leiser ist, so kann es sich vielleicht mit einem helleren, obertonreichen Klang retten, welcher im Saal gut trägt. Das ist dann vielleicht nicht immer der allerschönste Celloklang, aber manchmal geht es nur darum, dass man das Cello überhaupt hört. Nicht umsonst spielen viele Solisten mit einem belgischen Steg, welcher mehr Obertöne erzeugt und auch nicht umsonst spielt man wenn man laut sein muss nahe am Steg, wo mehr Obertöne erzeugt werden.
Bezahlbarer Preis: Die Budgets sind von Person zu Person verschieden aber es gibt Celli, die nur noch Multimillionäre bezahlen können. Ich würde nie Schulden machen, um ein Cello zu kaufen. Man sollte einfach so lange suchen, bis man ein bezahlbares Cello findet, das einem gefällt. Warum: Es kann durchaus passieren, dass man nach ein paar Jahren ein Cello wieder verkaufen will. Wenn es dann einen exorbitant hohen Preis hat, so ist der Kreis potenzieller Käufer kleiner und es ist schwieriger abzustossen wohingegen ein bezahlbares und gutes Cello einfacher verkauft werden kann. Und zweitens kann man sich fragen, ob man diese hohen Preise tatsächlich unterstützen will. Es ist schon fragwürdig, dass die Preise immer weiter steigen weil sich Musiker in Schulden stürzen, welche sie dann über Jahrzehnte abstottern. Vielleicht steigen die Preise für namhafte Geigenbauer tatsächlich immer weiter aber man muss wissen, dass es auch Instrumente gibt, die bezahlbar sind und trotzdem exzellent sind.
Der Zustand eines Instrumentes sollte gut sein. Natürlich kann man Stimmrisse sehr gut flicken aber so ein Cello ist immer schwieriger zu verkaufen, weil jeder Interessent (wahrscheinlich zu Recht) skeptisch ist. Auf der anderen Seite kann kein altes Cello mit dem Zustand eines neuen Instrumentes konkurrieren weil jedes ältere Exemplar hier und da ein paar Risse hat. Die Frage ist aber wo (nicht überall ist ein Riss gleich schlimm) und wie viele.
Sieht schön aus: Ein optisch schönes Cello mit spektakulärem Holz und fantastischem Lack sowie schönen Formen usw. ist natürlich immer eine Freude. Aber in erster Linie muss es als Musikinstrument gut funktionieren (Klang, Ansprache, Zustand). Wenn es dann auch noch toll aussieht – umso besser.
Namhafter Geigenbauer: Wer möchte nicht ein Cello von Stradivari, Gofriller, Montagnana, Vuillaume usw.? Leider rangieren diese Instrumente preislich zwischen extrem teuer bis unbezahlbar. Und auch wenn der Wert solcher Instrumente in Zukunft noch weiter steigt: Es gibt auch günstigere Instrumente, welche toll klingen und noch wichtiger: Es gibt bei den berühmten und extrem teuren Instrumenten auch solche, die nicht so toll sind. Der Wert dieser teuren Instrumente wird in erster Linie durch Angebot und Nachfrage bestimmt wobei nicht nur Musiker sondern auch Spekulanten mit viel Geld die Preise nach oben beeinflussen. Auf der anderen Seite sind diese Instrumente vor allem geschätzt, weil sie durch ihre schöne Bauweise Meilensteine im Geigenbau sind. Ob sie gut klingen und funktionieren muss man dann trotzdem im Einzelfall eruieren und es spielt bei der Preisansetzung eine sehr untergeordnete Rolle.
Gute Investition: Ideal wäre es natürlich, wenn man ein Cello kauft und es zum Zeitpunkt der Pensionierung ein Mehrfaches wert ist. Aber irgendwo finde ich diese Entwicklung auch ein wenig ungesund. Aber natürlich ist sie unvermeidbar, weil ein paar sehr berühmte Geigenbauer (Stradivari und Co.) finanziell völlig ausser Reichweite sogar der bekanntesten Solisten gelangen und dadurch andere, etwas weniger bekannte Top-Geigenbauer entdeckt werden, welche dann auch wieder eines Tages sehr teuer werden. Wie schon gesagt finde ich, dass man einfach ein sehr gutes Instrument finden sollte, das man ohne Schulden bezahlen kann und von dem man denkt, dass man es eines Tages ohne Verlust verkaufen kann (der Kaufpreis also fair ist).
Am Freitag, dem 8.1.2016 um 12h15 spiele ich in Fribourg im Lunch-Konzert des “Centre le Phénix” zusammen mit dem Pianisten Jean-Claude Charrez ein kurzes aber interessantes Konzert: Wir beginnen mit Robert Schumanns “Adagio und Allegro” und spielen als zweites Stück Bohuslav Martinus “Rossini-Variationen”.
Die beiden Komponisten könnten unterschiedlicher kaum sein: Schumann, das Genie der Romantik und Martinu, der eklektische Komponist aus dem 20. Jahrhundert, der vom Jazz genauso beeinflusst zu sein scheint wie von der gesamten klassischen Musik. Das Schumann-Stück wollte ich schon seit langem mal in einem Konzert spielen, weil vor allem der unfassbar schöne Adagio-Teil zu Beginn vermutlich mit etwas vom Genialsten ist, was dieser Mann je komponiert hat. Der darauffolgende Allegro-Teil ist packend und schwungvoll, wenn auch leicht repetitiv. Original wurde das Stück fürs Horn komponiert weswegen es in der für Cello unbequemen Tonart As-Dur geschrieben ist, was bei Schumann einer doppelten Strafe gleichkommt, weil seine Stücke so oder so unbequem genug zu spielen sind.
Auch die Rossini-Variationen von Martinu wollte ich seit langem lernen. Sie haben mir schon immer gefallen – insbesondere wegen der schönen langsamen Variation, welche inmitten dieses quirligen und virtuosen Werks eine wunderbare Ruhe ausstrahlt.
Ich freue mich sehr auf das Konzert und noch mehr, wenn Sie dabei sind!
Am 12. November des letzten Jahres schrieb ich darüber, dass man in der Heizsaison gut daran tut, im Instrumentenzimmer einen Luftbefeuchter zu benützen. Diese Periode ist nun wieder gekommen.
Damp-it?
Damals wusste ich noch nicht so recht, was ich zum Thema Damp-it schreiben soll. In der Zwischenzeit habe ich mir eins zugelegt. Meine Einschätzung ist, dass es richtig angewendet eine gute Sache ist. Vermutlich ist sein Einfluss klein und ich würde es nicht als einzige Massnahme anwenden sondern nur als Ergänzung zum heimischen Luftbefeuchter. Aber wenn man beispielsweise viel in trockenen Räumen probt oder oft mit dem Cello in den bekanntermassen sehr trockenen Flugzeugen reist, ist es die einzige Lösung und als Ergänzung zum heimischen Luftbefeuchter sinnvoll.
Vor Auspacken das Cello Zimmertemperatur erreichen lassen
Die andere Sache, die mir im Winter wichtig scheint: Wenn man mit dem Cello in der Kälte war und anzunehmen ist, dass das Cello daher sehr stark abgekühlt ist, so würde ich vor dem Auspacken ca. fünf Minuten warten, um das Cello langsam Zimmertemperatur erreichen zu lassen. Ansonsten kann sich Kondenswasser auf dem Instrument bilden, was nicht gut ist. Auch ist ein abrupter Temperaturwechsel ein Schock, den man dem schönen und sensiblen Instrument ersparen will.
Letzte Woche wollte ich es wieder mal wissen und liess von meinem bevorzugten Geigenbauer einen neuen Steg anfertigen.
Die drei Möglichkeiten:
Wie bereits früher beschrieben, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: Man kann erstens den belgischen Steg wählen, welcher wegen seinem obertonreichen Klang auch Solistensteg genannt wird. Er hat proportional gesehen hohe Beine und relativ wenig Oberkörper. Zweitens kann man den französischen Steg wählen, welcher ab und zu auch deutscher Steg genannt wird. Er hat kürzere Beine und einen grösseren Oberkörper. Auch das Herz im Oberkörper ist grösser ausgeschnitten. Der Klang ist wärmer und runder. Drittens kann man ein Mittelding zwischen den zwei Stegen machen lassen. Meistens ist dieser Steg ein französischer mit längeren Beinen.
Zumal ich schon einen belgischen Steg hatte und befürchtete, dass ein waschechter französischer Steg klanglich zu sehr in die andere Richtung führen würde, bat ich um ein Mittelding. Nun habe ich die Möglichkeit, den belgischen Steg mit dem Mittelding zu vergleichen. Natürlich ist jedes Cello ein wenig anders aber hier kommen meine Erfahrungen, welche ich auch für mich als Referenz in der Zukunft niederschreibe, wenn’s mich wieder mal nach einem anderen Steg jucken sollte.
Belgischer Steg:
Klang: Hell und obertonreich in allen Registern. Nicht sehr rund. Lauter als das Mittelding. Man muss manchmal aufpassen, dass man nicht zu viele Obertöne erzeugt und der Klang so scharf wird, dass er nicht mehr schön ist oder im Orchester aus dem Klang der Cellogruppe hervortritt. Ansprache: Sehr gut. Spielkomfort: Man braucht wenig Kraft, um laut zu spielen. Leise spielen geht praktisch von selber. Vorteile: Geringer Kraftaufwand beim Spielen, solistischer, lauter Klang, schnelle und unkomplizierte Ansprache, auch flautando-Klänge haben eine gute Präsenz. Nachteile: A-Saite kann wenn man laut spielt und nicht aufpasst scharf und schrill klingen. Im Orchester etwas schwieriger, sich klanglich einzufügen ohne rauszustechen. Kann auf einigen Instrumenten den Klang metallischer machen.
Mittelding:
Klang: Deutlich weniger Obertöne als der belgische Steg. Runder und komplexer als der belgische Steg. Weniger laut. Auf meinem Cello in den tiefen Registern fast ein bisschen nasal. Schnelle Stellen auf tiefen Saiten klingen gerne etwas mulmig. Ansprache: Etwas langsamer als beim belgischen Steg aber immer noch gut. Spielkomfort: Ich habe gemerkt, dass ich viel schneller müde werde, weil ich deutlich mehr Kraft anwenden muss, um laut zu spielen. Trotzdem ist der Klang für solistische Zwecke auf meinem Cello zu klein, besonders in den tiefen Lagen. Der Widerstand des Bogens an der Saite ist grösser. Manchmal muss man in den tiefen Registern klanglich fast in die kratzige Richtung gehen, um gehört zu werden. Vorteile: Runder, komplexer Klang, A-Saite klingt besonders schön und ausgewogen (nicht zu hell und nicht zu dunkel). Nachteile: Laut spielen erfordert mehr Kraft, für Leute, die laut spielen müssen wahrscheinlich nicht die richtige Wahl. Kann auf einigen Instrumenten den Klang nasaler machen. Auf den tiefen Saiten fehlt vielleicht die Klarheit.
Was nun?
Letztendlich ist es eine Frage der Prioritäten, weil man nicht den Fünfer und das Weggli haben kann, wie wir in der Schweiz sagen. Entweder entscheidet man sich mit dem belgischen Steg für einen lauten Klang, den man ausserdem mit wenig Kraftaufwand aus dem Cello rausholen kann. Oder man entscheidet sich mit dem französischen Steg oder der dem Mittelding für einen interessanteren Klang, der dann vielleicht aber nicht gehört wird, weil die anderen zu laut spielen.
Ich glaube fast, dass es einfacher ist, den belgischen Steg zu wählen und den Klang mit den dem Cellisten zur Verfügung stehenden technischen Mitteln wie Bogengeschwindigkeit, Kontaktstelle und Vibrato interessanter zu machen als den Bogen noch stärker auf die Saite zu drücken, damit es laut genug wird, wenn überhaupt.
Die sechste Piatti-Caprice ist ein wunderschönes Stück, das vom Charakter her eine gewisse Ähnlichkeit mit der zweiten Caprice hat. Möglicherweise ist es das im Solocello-Repertoire am ehesten mit einer Chopin-Nocturne vergleichbare Stück (jedenfalls kriege ich beim Spielen ab und zu dieses Gefühl, weil einige harmonische Wendungen sehr chopinhaft sind).
Wenn man die sechste Caprice mit der zweiten vergleicht, so stellt man indes sofort fest, dass die sechste viel schwieriger ist als die zweite. Bereits die Anfangs-Arpeggios sind äusserst heikel und würde man den geschriebenen Rhythmus wörtlich nehmen, müsste man diese Arpeggios schneller spielen als ich es mache. Der zweistimmige Mittelteil komplett in der Daumenlage ist dann noch diffiziler sauber zu spielen. Es hat sicher auch mit den verwendeten Tonarten As-Dur (4b) und As-Moll (7b) zu tun, die denkbar schlecht auf dem Cello liegen.
Alles in allem eins der Stücke, mit denen man an einem internationalen Cellowettbewerb trotz aller Schönheit vielleicht eher nicht reüssiert, weil langsam und sehr heikel.
Ab und zu stellen mir Leser eine Frage von allgemeinem Interesse. Ich publiziere sie dann mit meiner Antwort anonymisiert unter der Rubrik Q & A (Question and Answer). Auch Sie können mir Ihre Frage stellen.
Frage:
Ich habe im “hohen Alter” von 31 Jahren mit dem Cello spielen angefangen (love it). Wenn sie noch einmal von vorne beginnen könnten mit dem Erlernen dieses Instrumentes, was würden sie heute anders machen; resp. was ist ihr wichtigster Tipp für eine Anfängerin?
Antwort:
Glückwunsch! Es ist toll, dass Sie Cello spielen.
Ich würde drei Dinge als sehr wichtig bezeichnen.
1. Man braucht eine(n) Cellolehrer(in), den/die man möglichst jede Woche oder vierzehntäglich für 30-40 min sieht. Es muss am Anfang kein berühmter Cellist sein, sondern ein pädagogisch geschickter, der Erfahrung mit Anfängern hat. Er/sie wird Sie Schritt für Schritt mit der Technik des Cellospiels vertraut machen.
2. regelmässiges und systematisches Üben, um die Inputs des Lehrers zu verarbeiten. Am besten jeden Tag 20-30 min.
3. Viel Geduld und Durchhaltewillen, weil es ein weiter Weg ist, der sich über Jahre und sogar Jahrzehnte erstrecken wird.
Ich denke übrigens nicht, dass ein Kind schneller und einfacher lernt als ein Erwachsener. Aber ein Kind stört sich am Anfang nicht daran, dass es eher kratzt als klingt und auch recht falsch noch dazu während ein Erwachsener Cello-Fan wahrscheinlich schon einige gute Cellisten gehört hat und sich daher möglicherweise von der Tatsache, dass es auch nach Monaten oder Jahren noch anfängerhaft klingt, entmutigen lassen könnte. Da muss man Willen, Geduld, Zeit und Ausdauer haben.
Ich würde alles nochmal gleich machen wie ich es tat ausser, dass ich möglicherweise bereits spätestens nach ca. 3-4 Jahren mit Solfège als Zusatzfach begonnen hätte (dort lernt man u.a. Noten und Rhythmen lesen und schreiben). Das ist eine Domäne, die im Cellounterricht nur am Rande unterrichtet werden kann, weil die Zeit fehlt und es nicht das Fachgebiet des Cellolehrers ist. Je besser man aber spielt, desto mehr profitiert man, wenn man gut Noten lesen kann und umgekehrt.
Für einmal gebe ich keine altklugen Ratschläge. Ich beschwere mich auch nicht und meine es zur Abwechslung mal nicht ganz 200-prozentig ernsthaft. Aber ein Funken Wahrheit ist in den im folgenden beschriebenen Alltagssituationen dabei und pauschal schicke ich voraus: Das Schwierigste oder zumindest das Beschwerlichste im Alltag des Cellisten ist das Rumschleppen des Cellos. Keine Frage, die Cellisten der heutigen Zeit haben es dank Leichtbau-Koffern aus Kohlefasern bereits viel besser als ihre Vorgänger, die noch mit Massivholz-Koffern unterwegs waren. Aber wahrscheinlich wird mir jeder Cellist Recht geben: So ein Cello ist ein mittelgrosses Möbel, welches dazu noch sehr fragil ist und ein beachtlichen Gewicht aufweist und die Zivilisation ist nicht so richtig vorbereitet auf diese Instrumente und ihre Spieler. Natürlich hätte man es bei der Berufswahl in Gestalt des Kontrabasses noch schlimmer treffen können. Aber hier mal ein paar alltägliche “Schwierigkeiten”.
Man hat nicht nur das Cello dabei:
Im Minimum hat man Noten dabei… je nach Situation nur ein paar Seiten oder aber gerade ein Stapel bis 1.5kg
Spielt man ein Kammermusikkonzert oder eine “Mucke”, so muss man oft einen Notenständer mitbringen. Es gibt heute leichte und faltbare Modelle, aber 1kg wiegt er dennoch.
Wiederum für Kammermusik oder Mucken muss man eine Vorrichtung mitbringen, damit der Stachel nicht ausrutscht oder das gute Parkett eines Konzertlokals nicht leidet. Hier gibt es sehr kompakte Modelle, die auch nicht viel wiegen…aber auch Kleinvieh macht Mist.
Antizipiert man (erneut für Kammermusik oder Mucken) ungeeignete Stühle, so bringt man ein Sitzkissen mit.
Konzert aufnehmen, aber sicher:
Es kommt nun noch ein Mikrofonstativ dazu, das schätzungsweise 2.5 kg wiegt und in drei lose Einzelteile zerlegt werden kann, wobei die zwei Hauptteile immer noch über einen Meter lang sind. Mikrofone / Aufnahmegerät mit Batterien braucht man natürlich auch.
Ein Video dazu, warum auch nicht: Kamera plus zweites Stativ, etwas leichter zwar aber nicht viel kleiner.
Konzertkleidung?
Auch die Konzertkleidung muss transportiert werden. In der Tat könnte man sich bereits zu Hause in Konzertkleidung werfen und sich so fortbewegen. Leider aber nicht immer bequem und bei längeren Reisen nicht empfehlenswert. Ein guter Kollege erzählte mir, dass er einen Cellisten kannte, der praktisch während der ganzen Tournee im Frack gesehen wurde, sogar im Flugzeug. Sicherlich nicht optimal.
Transportmittel
Nicht jeder Cellist besitzt ein Auto, in das er Cello und das ganze Zubehör einlädt und mit dem er dann von A nach B kurvt. Zum einen weil doch viele Musiker umweltfreundlich denken. Zum anderen, weil sich nicht jeder ein Auto leisten kann oder will. Und als weiterer möglicher Grund das absolute Pünktlichkeits-Obligatorium im Musikerberuf, welches den motorisierten Individualverkehr auf Grund von Staus und Pannen nicht immer als erste Wahl erscheinen lässt.
Aber auch die anderen Verkehrsmittel haben nebst Vorteilen auch Nachteile:
Fahrrad: Erfreut sich subjektiv gefühlt zunehmender Beliebtheit bei Cellisten. Eignet sich aber logischerweise nur für lokale Distanzen. Mit dem Cello Fahrrad fahren ist möglich und wie ich früher mal schrieb “eigentlich kein Problem”. Dennoch macht Fahrrad fahren ohne Cello mehr Spass. Trägt man einen Helm (sollte man) so ist die Bewegungsfreiheit des Kopfs relativ eingeschränkt. Aerodynamisch ist das Cello suboptimal und auch das Gewicht bemerkt man. Aber: Man kommt recht schnell vorwärts und hat deswegen meistens nicht lange Zeit, darüber nachzudenken.
Busse: Sind wirklich nicht für Cellisten gebaut. Wohin soll man das Cello stellen? Es gibt keine definitive Antwort dafür. Ist der Bus halbleer, so kann man das Cello in den Sitz nebenan quetschen. Ist der Bus gestossen voll, so stellt man sich mit dem Cello wohl am besten in die Zone vor der Türe, weil es dort noch am ehesten Platz hat. Bequem ist das nicht und man steht den anderen Leuten im Weg.
Zug: Bei manchen Zügen kann man das Cello bequem auf die Gepäckablage legen. Problem gelöst! Bei anderen (die doppelstöckigen Züge) geht das nicht. Hat man Glück, so ist der Zug halbleer und man kann es auf dem Sitz nebenan parkieren. Oder man kann das Cello in die Ecke stellen, wo die Koffer hingehören. Falls das alles nicht geht, muss man das Cello in den engen Gang zwischen die Sitzreihen stellen und immer wenn die Minibar kommt temporär aus dem Weg räumen und Touristen mit sehr schweren Reisekoffern helfen, das Gewicht sicher übers Cello zu stemmen.
Flugzeug: Abgesehen davon, dass man für Flugreisen meistens zuerst Bus und/ oder Zug bis zum Flughafen benützt und deswegen die Nachteile dieser Verkehrsmittel auch schon dazukombiniert, muss man im Flieger einfach einen zweiten Sitz bezahlen und das Cello dann dort reinquetschen. Mit zunehmendem Alter verzichtet man darauf, das Essen auch fürs Cello einzufordern. Der Sitz fürs Cello erfordert immer ein wenig Kreativität beim Buchen. Mrs CELLO DIEZIG steht dann auf dem Ticket. Auch muss man das nötige Kleingeld lockermachen. Bezahlt man keinen zweiten Sitz so riskiert man, dass das schöne Cello am Ankunftsort als auftauendes Stückwerk ankommt.
Kühlschrank leer? Kauf doch schnell auf dem Heimweg was ein!
Das sagt sich so leicht. Auf dem Rückweg von der Arbeit kauft man als Cellist nur ein, wenn man mit minimaler Ausrüstung unterwegs ist, ansonsten kann man es vergessen. Aber auch so: Cello, Velohelm, oft ein Notenständer und Noten sind schon mehr als eine Handvoll, wenn man durch die Migros navigiert und die Produkte für den täglichen Bedarf zusammensucht. Der Transport nach Hause ist dann auch nicht ganz ohne.
Nun haben Sie einen ganz guten Einblick
So ungefähr sieht der Alltag aus, wenn man Cellist ist. Trotzdem ist es ein schöner Beruf und der Klang des Cellos ist es Wert. Was auch noch lustig ist: Wenn ich mal ohne Cello aus dem Haus gehe, dann bin ich immer unsicher, ob ich alles dabei habe, dermassen gewöhnt bin ich, das gute Stück auf dem Rücken zu tragen.
Wenn Sie selber Cellist sind, …
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Frage:
Vielleicht könnten Sie in Ihrem Blog auch mal erklären, wie und wo man am besten einen Anti-Wolf an einem Cello anbringt, C- o G-Saite, auf welcher Höhe usw…
Antwort:
Das ist auf jedem Cello ein bisschen anders und findet man daher nur durch Try and Error heraus.
Meistens ist der Wolfston ja irgendwo zwischen dem Es und dem Fis auf der G-Saite (und am schlimmsten auf der C-Saite, wenn man den Wolfston hoch genug spielt). Man muss einfach den Wolfston spielen und dann den Wolfstöter milimeterweise verschieben bis man den Wolf nicht mehr hört. Normalerweise kann man das in 5-10 min gut einstellen.
In meiner Erfahrung tötet man den Wolf im Zweifelsfall wirkungsvoller, wenn der Wolfstöter nahe am Steg ist.
Auf meinem Cello ist die ideale Position für den Wolfstöter auf der G-Saite zwei fingerbreit unter dem Steg.
Es gibt übrigens auch Celli die keinen Wolf haben oder zumindest keinen auffälligen. Dann braucht man natürlich keinen Wolftöter.
Wenn es um Kammermusikgruppen mit nur einem Instrumententypus geht, dann ist das Cello der König, weil dank seinem grossen Tonumfang sowohl Bass-Stimmen, Mittelstimmen als auch Oberstimmen (Melodiestimmen) im Ensemble vorhanden sind. So universell einsetzbar ist kein anderes Instrument, weswegen man im Konzertleben nie ein reines Geigenorchester oder ein Ensemble nur mit Bratschen antrifft. Es würden schlicht die Basstöne fehlen, welche für harmonische Musik von zentraler Bedeutung sind! Ein reines Kontrabass-Ensemble habe ich zwar schon gehört und wenngleich es irgendwie interessant war, brummelte es mir doch zu viel (da fehlten nun die hohen Töne).
Nicht so beim Cello und deshalb sind Cello-Orchester, Cello-Quartette oder Cello-Oktette eine beliebte Sache – sowohl bei Musikern als auch beim Publikum. Bekanntestes Beispiel sind natürlich die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker, welche mit ihrer Klangkultur und Virtuosität weltweit die Zuhörer verzaubern.
Etwas lokaler aktiv (noch?!) sind wir vom Cello-Oktett Fricelli. Zusammen mit meinen Fribourger Cello-Freunden spielen wir am Sonntag, dem 11.10.2015 um 11h im Temple von Château-d’Oex ein interessantes Konzert, das zu besuchen sich lohnt. Besonders schön sind beispielsweise die Piazzolla-Arrangements, aber auch die anderen Stücke sind toll. Offenbar gibt es nach dem Konzert auch einen Aperetif. Vielleicht sieht man sich? Herzliche Grüsse, Sebastian
SONNTAG, 11.OKTOBER 2015
Temple de Château-d’Oex, 11h00
FRICELLI
Cello-Oktett
Pierre-Bernard Sudan, Sebastian Diezig, Justine Pelnena Chollet, Sébastien Bréguet, Nicolas Jungo, Noémie Grandjean, Diane Déglise et Simon Zeller
A. Piazzola: Libertango, La muerte del Angel, Oblivion, Adios Nonino
H. Villa-Lobos: Bachianas Brasilieras I
M. Hostettler: Automnales
J. Rodrigo: Dos Piezas Cabalescas
SFr 25.-
AHV SFr 20.-
Nach dem Konzert auf dem Dorfplatz: Aperetif offeriert von Domaine Genévaz, Grandvaux und Produits Authentiques du Pays-d’Enhaut.
SEBASTIAN DIEZIG, CELLIST
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