Piattis elfte Caprice ist eine der ruhigeren und aus irgendeinem Grund eine der weniger oft aufgenommenen, wie ein Augenschein auf Youtube zeigt.
Es fehlt mir nun nur noch die zwölfte Caprice zum Abschluss dieses für mich sehr lehrreichen Projekts.
Piattis elfte Caprice ist eine der ruhigeren und aus irgendeinem Grund eine der weniger oft aufgenommenen, wie ein Augenschein auf Youtube zeigt.
Es fehlt mir nun nur noch die zwölfte Caprice zum Abschluss dieses für mich sehr lehrreichen Projekts.
Das Piatti-Projekt hat heute mit der Caprice Nr. 10 wieder einen kleinen Meilenstein erreicht. Fast nach jeder Caprice dachte ich wohl, dass ich soeben eine der schwierigsten aufgenommen habe. Aber bei Nr. 10 stimmt es wirklich. Das Stück ist undankbar zu spielen, da es einerseits für die linke Hand selbst für Piatti-Verhältnisse sehr unangenehm ist (die ganze Zeit schwierige Daumenlage-Fingerätze über zwei Saiten, gespickt mit heiklen Lagenwechsel) und andererseits in musikalischer Hinsicht nicht sehr interessant ist. Falls die Zeit, die ich zum Lernen der einzelnen Capricen brauchte ein Indiz für die Schwierigkeit ist, dann ist diese Caprice wirklich die schwierigste, brauchte ich doch über fünf Monate. Das schockiert selbst mich!
Die neunte Caprice ist zwar kurz aber dafür überaus knifflig, sodass ich länger brauchte als gedacht, um sie aufnahmebereit einzuüben.
Bei dieser Caprice sollte man ganz besonders auf die musikalische Gestaltung achten weil das Stück sonst sofort und unweigerlich nach “Gratisvirtuosität” klingt. Sehr wichtig sind insbesondere die Dynamikangaben. Auf den Aufnahmen, die ich auf Youtube fand, nimmt die niemand richtig ernst. Ausserdem muss man ein gutes Spiccato benützen. Weil diese Nummer sehr belanglos klingen kann wenn der Eindruck entsteht, dass es hier nur um eine Technik-Show geht und weil man am Schluss noch eine Temposteigerung hinlegen sollte besteht zudem kein Bedarf, diese Caprice mit Überschallgeschwindigkeit zu spielen.
Zunächst war ich nicht so Fan von der achten Caprice, weil sie mir musikalisch weniger raffiniert als andere in diesem Heft erschien. Mit der Zeit gewöhnte ich mich aber an das Stück und habe eine Interpretation erarbeiten können, die mir das kurze Werk dennoch interessant erscheinen lässt. Die achte Caprice hat wie bis jetzt fast alle anderen die A-B-A-Form. Im ganzen Stück geht es um Triller, welche gewissermassen das thematische Material bilden. Die beiden A-Teile sind darüber hinaus voll beladen mit Akkorden, was für Intonation und Klangqualität gewisse Schwierigkeiten einstreut und das Realisieren einer guten Phrasierung erschwert. Im B-Teil geht es um Oktavdoppelgriffe.
Halbzeit im Piatti-Projekt!
Die sechste Piatti-Caprice ist ein wunderschönes Stück, das vom Charakter her eine gewisse Ähnlichkeit mit der zweiten Caprice hat. Möglicherweise ist es das im Solocello-Repertoire am ehesten mit einer Chopin-Nocturne vergleichbare Stück (jedenfalls kriege ich beim Spielen ab und zu dieses Gefühl, weil einige harmonische Wendungen sehr chopinhaft sind).
Wenn man die sechste Caprice mit der zweiten vergleicht, so stellt man indes sofort fest, dass die sechste viel schwieriger ist als die zweite. Bereits die Anfangs-Arpeggios sind äusserst heikel und würde man den geschriebenen Rhythmus wörtlich nehmen, müsste man diese Arpeggios schneller spielen als ich es mache. Der zweistimmige Mittelteil komplett in der Daumenlage ist dann noch diffiziler sauber zu spielen. Es hat sicher auch mit den verwendeten Tonarten As-Dur (4b) und As-Moll (7b) zu tun, die denkbar schlecht auf dem Cello liegen.
Alles in allem eins der Stücke, mit denen man an einem internationalen Cellowettbewerb trotz aller Schönheit vielleicht eher nicht reüssiert, weil langsam und sehr heikel.
Als Cellist übt man im Leben ja endlos viele Stellen, die für die linke Hand kompliziert sind. In diesem Stück ist es einmal anders rum und man muss an der Bogentechnik feilen. Eigentlich gibt es in diesem Stück nur Arpeggios und Staccato-Tonleitern. Die zahlreichen Arpeggios sind zum Teil gebunden und zum Teil im Staccato zu spielen sowie im Mittelteil noch zur Hälfte in einer Art Riccochet-Aufstrich. Das sind nicht jedermanns Lieblings-Technik-Probleme. Man braucht also eine durchaus virtuose Bogentechnik und muss Saitenwechsel sehr schnell und genau ausführen können.
Die klassische A-B-A-Form hat verspielte A-Teile und im herrlichen B-Teil eine feine Melodie untermalt von aparten Arpeggio-Harmonien.
Natürlich hat es Piatti nicht unterlassen, auch für die linke Hand ein paar Probleme zu kreieren: wie so oft bei ihm sind weite Strecken in allen möglichen Doppelgriffen zu greifen (die erwähnten Arpeggios), was für die Intonation natürlich immer schwieriger ist als normale einstimmige Melodien zu spielen. Zusätzlich hat er ein paar unbequeme Lagenwechsel eingestreut (vor allem gegen Schluss).
Langsam aber sicher geht es voran mit dem Piatti-Projekt! Hier kommt Nr. 4, welche musikalisch gesehen einen eher schroffen Charakter hat.
Diese Etüde ist schwieriger als sie aussieht. Mit ihren Doppelgriffen am Laufmeter ist sie ein ziemlicher Intonations-Alptraum. In diesem Stück muss man aufpassen, dass man vor lauter Konzentration auf das genaue Treffen der Töne und Akkorde nicht vergisst musikalisch interessant zu bleiben.
Ich kann nicht behaupten, dass ich die dritte Piatti Cparice einfach zu spielen finde. Auf einer Schwierigkeitsskala von 1 (sehr leicht) bis 10 (extrem schwierig) ist sie für mich locker eine 11.
Es geht fast ausschliesslich um Oktav- und Terz-Doppelgriffe. Die erforderlichen Fingersätze sind eigentlich völlig unschwer zu verstehen, aber notorisch schwierig, wenn man sie sauber spielen will. Und wenn sich die beiden Intervalle noch ständig abwechseln und in jedem Takt auch ein Terz-Doppelgriff-Schlenker zu bewerkstelligen ist, dann wird’s echt schwer. Die Etüde ist auch anstrengend zu spielen (immer in der Daumenlage).
Spielt man diese Etüde nur durch, so wird sie nicht besser (habe es selber erlebt). Die einzige sinnvolle Art zu üben ist ganz langsam und sogar ohne Tempo (Ton für Ton, bzw. Doppelgriff für Doppelgriff). So kann man sich auf die Intonation konzentrieren und die Präzision der Finger der linken Hand verbessern. Wenn es mal einigermassen sauber ist, kann man beginnen, Spass zu haben und musikalisch zu gestalten.
Wichtig ist auch, dass die Saiten nicht zu hoch über dem Griffbrett sind, sonst ist dieses Stück noch unspielbarer.
Vor ich im November 2014 begann, eine Piatti-Caprice nach der anderen zu lernen und für mein “Piatti-Projekt” auf Youtube einzuspielen hätte ich nie gedacht, dass ich einmal im Leben am liebsten nur noch Piatti üben würde. Das ist jetzt aber wirklich der Fall, weil das Ziel des Projekts, jede Etüde in Konzertstandard präsentieren zu können mich sehr motiviert und weil ich merke, wie sich meine Technik und Fitness auf dem Cello enorm verbessern.
In meinem “Piatti-Projekt” lerne ich alle 12 Capricen von Alfredo Piatti und nehme sie für meinen Youtube-Kanal auf Video auf. Heute wurde ich mit der zweiten fertig. Natürlich könnte ich noch hier und da etwas besser machen, aber dann würde ich vielleicht nie fertig werden.
Die zweite Piatti-Caprice ist ein schönes, ruhiges Stück welches aus zwei Materialien besteht: einerseits choralartigen Abschnitten und andererseits bewegteren, arpeggierten Teilen. Die beiden Materialien wechseln sich im Stück mehrmals ab.
Schwierig fand ich in dieser Etüde zuallererst die langen Bogenstriche in Kombination mit den ständigen Doppelgriffen und Arpeggios. Als ich anfing zu üben und das Stück noch nicht im Tempo konnte, fiel es mir schwer, die Bögen sinnvoll aufzuteilen, weil sie in einem langsamen Übetempo kaum auf einen Bogen passen. Mit der Zeit ging es aber besser, weil ich das Stück schneller spielen konnte. Dann habe ich natürlich ein grosses Augenmerk auf eine akzeptable Intonation gelegt, was bei den ständigen Doppelgriffen einige Arbeit gibt. Einzelne Stellen sind besonders unbequem (kurz vor dem Schluss z. B.) Man muss sich insbesondere bewusst sein, dass etliche Akkorde leere Saiten enthalten und man die anderen Töne danach ausrichten muss, weil sonst die Akkorde nie stimmen werden.
Auch nicht ganz leicht fiel es mir, das Stück auswendig zu beherrschen.
In diesem Stück, welches wie alle Piatti-Capricen in erster Linie für Berufsstudenten und Profi-Cellisten gedacht ist, kann man also sehr gut folgende Sachen üben: Doppelgriffe in allen Lagen, Arpeggios und schönes Legato.
Liebe Cello-Fans,
Heute stelle ich euch mein neustes Unterfangen vor, welches sich voraussichtlich über die nächsten 2-3 Jahre erstrecken wird: Die Video-Gesamteinspielung aller 12 Capricen op. 25 von Alfredo Piatti. Es wird voraussichtlich so lange dauern, weil ich die Stücke mit Ausnahme der Caprice Nr. 12 noch nicht gelernt habe, jede Caprice schwierig ist und mich meine Orchesterdienste, Kammermusikkonzerte und Soloauftritte auch sehr schön auf Trab halten. Dennoch werdet ihr hoffentlich Freude an den nach und nach auf dieser Seite erscheinenden Videos haben und ab und zu vorbeischauen, um das neuste Video nicht zu verpassen!
Die Etüdensammlung des grossen italienischen Virtuosen (1822-1901) fasziniert mich durch ihre musikalische Schönheit, die offensichtliche Fantasie und den Humor des Autors, ihre unzähligen interessanten technischen Schwierigkeiten für beide Hände des Cellisten, sowie die formale Vollkommenheit jeder einzelnen Nummer. Auch ist es wie immer bei solchen Zyklen sehr interessant, alle Stücke nacheinander zu hören. Es ist wie eine musikalische Reise durch verschiedene Gemütsverfassungen und Ideen, wobei jeder neue Ort anders und doch dem vorhergehenden ähnlich ist, weil der schöne Klang des Cellos als verbindendes Element immer da ist.
Alfredo Piatti ist in vielerlei Hinsicht der Paganini der Cellowelt und seine Capricen sind deshalb wie nicht anders zu erwarten durchsetzt mit technischen Schwierigkeiten. Das Geniale an Piattis Etüden ist aber, dass technische Schwierigkeiten nicht sein primäres Ziel waren, sondern vielmehr das Mittel zu schöner Musik. Als Cellist weiss man nämlich, dass interessante Polyphonie auf dem Cello technisch meistens komplex ist. Piatti selber war ein herausragender Cellist und dazu ein gewitzter Komponist mit grossem Talent für formvollendete Komposition und Dramatik. Dies befähigte ihn, optimal für sein Instrument komponieren.
Heute eröffnen wir das Projekt mit der Caprice Nr. 1, welche im Vergleich zu den anderen eine der kürzeren und weniger komplexen ist. Die für den Cellisten offensichtliche Schwierigkeit liegt in der Intonation für die linke Hand (man greift fast ausschliesslich Doppelgriffe) und im schnellen, virtuosen Bogenstrich, welcher wie selbstverständlich funktionieren muss. Zudem muss jede dieser Capricen musikalisch interessant vorgetragen werden, damit man beim Hören nicht an Fingerübungen denkt.
Ich spiele das Stück übrigens nicht an der Spitze des Bogens, weil mir der Klang in der Bogenmitte besser gefällt. Ich erlaube mir diese Freiheit, weil es für mich nicht klar ist, ob die Anweisung “sulla punta d’arco” am Beginn des Stückes von Piatti selber ist oder nicht etwa doch vom Editor meiner Ausgabe (ein gewisser Herr Pierre Fournier, den jüngeren Lesern hoffentlich auch noch ein Begriff).
Viel Spass!
Sebastian Diezig