Datum: |
24.3.2014 |
Medium: |
Neue Luzerner Zeitung |
Titel: |
Auftakt zum Sinfoniekonzert |
Original: |
Ja:
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Auftakt zum Sinfoniekonzert
Von Urs Mattenberger
KAMMERMUSIK Das Luzerner Sinfonieorchester ist zu Recht stolz auf seine meist spannend komponierten Programme. Umso mehr wunderte man sich, dass die Solistin der Orchesterkonzert von dieser Woche ratlos war über die Werke, die das Orchester von ihr wünschte. Wie Gluck, Berlioz, Schubert und Franck zusammenhingen, sagte die Sopranistin Véronique Gens im Interview, müsste man den Veranstalter selber fragen (Ausgabe von gestern).
Romantik ohne Grenzen
Dieser, eben das LSO, gab die Antwort gestern in seiner Kammermusikreihe mit Orchestermusikern. Sie nämlich war zum dritten Mal in dieser Saison “Schubert und seiner Zeit” gewidmet. Und unter diesem Motto kombinieren LSO-Musiker Werke des Frühromantikers mit solchen von Zeitgenossen – namentlich eben auch aus Frankreich.
Schubert im Brennpunkt einer kosmopolitischen Romantik jenseits der Nationalstile – davon machte das Konzert vom Sonntag mit gutem Grund eine Ausnahme. Zum einen ist die Entwicklung der französischen Romantik diesmal eben im Sinfoniekonzert rund um Schuberts “Unvollendete” Sinfonie prominent vertreten. Zum andern erklang jetzt im Luzerner Theater mit dem späten Klaviertrio B-Dur (D 898) eines jener Meisterwerke, neben denen Raritäten von kleineren Meistern nur schwer Bestand hätten.
Von der Spiellust zur Raserei
So stammte die Kontrastfolie zum Meisterwerk von Schubert selbst: Durch sein frühes Klaviertrio in B-Dur (D 28) weht noch die Musizierfreude Mozarts, und doch weist ein innig singender Ton auf den späteren Schubert voraus. Die Interpretation durch Christina Gallati (Violine), Sebastian Diezig (Violoncello) und Paul Suits (Klavier) unterstrich das durch eine gewisse Verhaltenheit, die die drei Musiker im Verlauf des grossen B-Dur-Trios immer mehr ablegten.
Da hörte man, wie ein Genie aus seinen Anfängen herauswächst. Die im Frühwerk kurz aufleuchtenden Kantilenen drängten hier sehnsüchtig ins Weite, motorische Spiellust steigerte sich zu dramatisch klirrender Raserei. Brüchige, fahl-süsse Farben der Streicher (ein Ereignis das Scherzo-Trio) oder innere Stimmen der Klavierbegleitung erreichten mitunter jene musikalische Individualität und Präsenz, wie man sie von ständigen Kammerensembles kennt. Da fehlte nach dem grossen Publikumsapplaus nur eine Zugabe zum Schluss.